kreuz und quer
Die Macht der Verschwörungsmythen
Wo stecken eigentlich die Illuminaten? Und was ist QAnon? In Krisenzeiten blühen Verschwörungstheorien, die manche auch „Verschwörungsmythen“ nennen.
Das war zur Zeit der großen Pest so und das ist heute nicht anders. Dann werden einfache Erklärungen für komplexe Vorgänge gesucht und Sündenböcke ausgemacht. Die Schwarzweiß-Malerei nimmt zu, bis hin zur Erwartung eines apokalyptischen Endkampfes zwischen Gut und Böse.
Für den langjährigen Beobachter kommt das nicht überraschend. „Was Verschwörungstheorien betrifft, gibt es nichts Neues unter der Sonne“, sagt der Politologe und Experte für „conspiracy theories“, Joseph Uscinski, in Miami. Verschwörungstheorien habe es immer gegeben und werde es weiterhin geben, sagt er, lediglich Details änderten sich je nach Situation.
Christian Rathners neue „kreuz und quer“-Dokumentation „Die Macht der Verschwörungsmythen“ nähert sich dem Phänomen von verschiedenen Seiten. Sie beleuchtet die Bedeutung des Vertrauens für das menschliche Wissen, versucht anhand historischer Beispiele Wesenselemente von Verschwörungstheorien aufzuzeigen, gibt Einblicke in die aus den USA kommende Bewegung „QAnon“ mit ihrem fast als Messias verehrten Helden Donald Trump und zeigt Aspekte eines „konspirativen Bewusstseins“ auf.
Ken Jenkins, führendes Mitglied der „9/11-Wahrheitsbewegung“, erzählt, warum er bis heute glaubt, dass die Türme des World Trade Center nicht durch den Einschlag der Flugzeuge zu Fall gebracht wurden. Die Friedensaktivistin Terry Rockefeller hingegen macht die Regierung und ihre zögerliche Reaktion auf die Anschläge für die Entstehung von Verschwörungsmythen verantwortlich. Neben Joseph Uscinski kommt ein zweiter US-Experte für Verschwörungstheorien zu Wort: Der Journalist und Buchautor Mike Rothschild hat ein gefragtes Buch über „QAnon“ geschrieben.
Die „QAnon“-Aussteigerin Lenka Perron erzählt, wie sie von den Internet-Botschaften, den sogenannten „Q-Drops“, abhängig wurde wie von einem Videospiel. Claus Oberhauser, Historiker in Innsbruck, ist einer der renommiertesten österreichischen Experten zum Thema und gibt Einblick in die Geschichte des Phänomens.
Katherine Dormandy, Professorin für Christliche Philosophie, erläutert erkenntnistheoretische Aspekte. Sie sagt: Es sei schwer, etwas nicht zu glauben, wenn es von Menschen kommt, denen man vertraut.
Die Wiener Sprachsoziologin Ruth Wodak beleuchtet die Entstehung von Feindbildern und die Tendenz zu antisemitischen Stereotypen in der Verschwörungsszene. Ulrike Schiesser, Psychotherapeutin und in der Bundesstelle für Sektenfragen täglich mit Verschwörungstheorien konfrontiert, berichtet im Interview aus ihrer Erfahrung mit Betroffenen. Sie bezeichnet Verschwörungsmythen als Ersatzreligion und „Glaube ohne Hoffnung“. Der Film wurde an Schauplätzen in Wien, Innsbruck, New York, Miami und Los Angeles gedreht.
Gestaltung
Christian Rathner
Redaktion
Helmut Tatzreiter