kreuz und quer

Und führe uns in Versuchung ...

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Warum ist gerade Verbotenes so anziehend? Warum machen Dinge, die uns in Versuchung führen, manchmal auch so rasch süchtig?

Ein verbotenes erotisches Abenteuer, eine „sündhaft teure“ Konsumentscheidung oder eine Kalorienbombe, die der Figur nicht guttut – Versuchungen sind allgegenwärtig und werden traditionell mit sinnlichem Genuss in Verbindung gebracht.

„Versuchung ist etwas Schönes, denn in der Versuchung zeigt sich Freiheit. Ohne Versuchung wären wir Automaten“, sagt der evangelische Gefängnisseelsorger Markus Fellinger. Ohne die Versuchung zum Regelbruch würde es keinen Fortschritt, keine Veränderung, keine Weiterentwicklung geben.

Der Film von Stefan Ludwig porträtiert Menschen, die einer Versuchung ausgesetzt waren, ihr nachgegeben oder widerstanden haben. Der Schriftsteller Martin Auer war immer wieder Kunde von Prostituierten – bis er bei einer Undercover-Recherche für sein Buch „Hurentaxi“ eine neue Perspektive auf die Sexarbeiterinnen gewann.

Der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler hat im politischen Geschäft oft miterlebt, wie schmal der Grat zwischen legitimem Machtgebrauch und der Versuchung sein kann, Macht für eigene Interessen zu missbrauchen. Rosa Merlicek führt eine der bekanntesten Werbeagenturen Österreichs – ihr Geschäft ist die Versuchung zum Konsum.

Die Steyler Missionsschwester Hemma Jaschke spricht über die Versuchungen des Ordenslebens. Und die Kellnerin Corinna gab in einer Lebenskrise der Versuchung nach, durch eine extreme Tat die Verantwortung für ihr Leben abzugeben.

2017 trat Papst Franziskus eine Debatte los, als er vorschlug, den Vaterunser-Satz „Und führe uns nicht in Versuchung“ neu zu übersetzen. Seine Begründung: Ein liebender Gott führt Menschen nicht in Versuchung – das sei Sache des Teufels. Wer führt uns denn nun in Versuchung – Gott oder der Teufel?

Andere Menschen oder ein innerer Antrieb? Für den Linzer Bibelwissenschafter Franz Kogler ist es eine Frage des Gottesbildes: Der Gott der Bibel ist nicht nur der „liebe Gott“ – sondern er führt Menschen auch an ihre Grenzen. Gerade solche existenziellen Versuchungen sind aber immer auch Chancen, sich selbst besser kennenzulernen und persönlich zu wachsen.

Gestaltung

Stefan Ludwig

Redaktion

Helmut Tatzreiter