'Zum Holocaust-Gedenktag am 27.1.25'

kreuz und quer

Hitlers Jünger und Gottes Hirten

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Die katholischen Bischöfe Österreichs hatten den Nationalsozialismus zunächst abgelehnt und in Hirtenworten bekämpft, nach dem Einmarsch der deutschen Truppen beugten sie sich jedoch der Macht des Faktischen. Mit ihrem „Ja“ zur Volksabstimmung am 10. April 1938 segneten die Bischöfe den „Anschluss“ Österreichs an Deutschland ab, während die ersten Priester und Laien bereits in Konzentrationslagern gefangen waren. Auch wenn die Kirche in der Folge heftig unter dem Terror durch das NS-Regime zu leiden hatte: Bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit machten sich die Bischöfe für ehemalige Nationalsozialisten stark.

Burgschauspieler Peter Matić und Martin Schwab rezitieren aus Dokumenten der österreichischen Kirchenarchive. Im bemerkenswerten Ambiente der Zacherlfabrik, einer historischen Fabrikshalle in Wien, kommen unterschiedlichste Protagonisten zu Wort. Kriegsverbrecher und Opportunisten, ehemalige KZ-Priester und Bischöfe - ihnen allen leihen Matić und Schwab ihre Stimme und lassen so deren Sicht der Dinge lebendig werden:

Der Lagerarzt des KZ Loiblpass, Sigbert Ramsauer, wurde 1947 von einem britischen Militärgericht wegen Tötung von Häftlingen zu lebenslanger Haft verurteilt. Während die Diözese Gurk eine Intervention für seine Begnadigung zunächst ablehnte, fand Ramsauer später in der Erzdiözese Salzburg ein offenes Ohr. Der ehemalige KZ-Priester Franz Mayr traf nach seiner Rückkehr aus Dachau in der Pfarre auf seine früheren Denunzianten. Diese konnten sich rasch in die Nachkriegsgesellschaft integrieren, der Pfarrer hingegen zerbrach an den Folgen von Haft und Kränkung. Beinahe skurril mutet das Schicksal von Johannes Hollnsteiner an: Der Augustiner Chorherr, Geliebter von Alma Mahler und Beichtvater von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg, war als einer von wenigen Menschen sowohl in einem KZ der Nazis als auch in einem Internierungslager der Alliierten inhaftiert. Dabei legte gerade er eine große Wendigkeit an den Tag, wenn es galt, sich neuen Zeitumständen anzupassen.

Und die Bischöfe? Sie sprachen nach dem Krieg einer unbedingten „Befriedung“ der Gesellschaft das Wort. Ehemalige Nationalsozialisten wurden mit offenen Armen wieder in die Kirche aufgenommen, ehemaligen KZ-Priestern blieb lange Zeit eine kirchliche Ehrung verwehrt. Versöhnungsbereitschaft ist eine Grundbotschaft des Christentums. Doch darf sie auf dem Rücken der Opfer stattfinden?

Eva Maria Kaiser zeichnet ein differenziertes Bild der österreichischen Nachkriegsgesellschaft und geht den kirchen- und gesellschaftspolitischen Motiven der katholischen Bischöfe in ihrem Umgang mit Nazis und Ex-Nazis auf den Grund.

Gestaltung

Eva Maria Kaiser

Redaktion

Helmut Tatzreiter