Kreuz & Quer In Memoriam Joseph Ratzinger - Emeritierter Papst Benedikt XVI.

Benedikt XVI. - Der Denker auf dem Thron

Werbung Werbung schließen

Joseph Ratzinger ist tot. 2005 zum Papst gewählt war er seit Coelestin V. (1294), der erste Papst, der die Amtszeit durch Rücktritt beendete

Nun ist der Hochbetagte, der am Karsamstag des Jahres 1927 in Marktl am Inn geboren wurde, als „emeritierter Papst“ in Rom gestorben. Seinem Tod folgt kein Konklave; Benedikts Nachfolger, Papst Franziskus, ist schon bald 10 Jahre im Amt.

Mit einer „kreuz und quer“-Dokumentation von Christian Rathner blickt der ORF noch einmal auf Leben und Pontifikat des Papstes aus Bayern zurück.

„Aus heiterem Himmel“ – so bezeichnete es ein Kardinal – kündigte Benedikt seinen Rücktritt an und war seit dem 28. Februar 2013 „Papa Emeritus“. Der Alt-Papst genoss im Vatikan weiterhin großes Ansehen, war aber von allen Amtsgeschäften entbunden.

Mit schriftlichen Wortmeldungen brachte er seine Meinung dennoch immer wieder in die Öffentlichkeit und wurde damit zum Hoffnungsträger konservativer Kirchenkreise. Zuletzt sah er sich mit schweren Vorwürfen aus München konfrontiert: In seiner Zeit als Münchner Erzbischof habe er nicht adäquat auf Fälle sexualisierter Gewalt reagiert, heißt es.

Die Dokumentation zeichnet das Leben Joseph Ratzingers nach, beginnend bei seiner Kindheit und Jugend in Bayern. Er war ein über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannter Theologe, der auch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) inhaltlich mitgestaltete, bevor er zum Erzbischof von München geweiht und wenig später als Präfekt der Glaubenskongregation nach Rom berufen wurde. Ratzinger war noch immer in erster Linie Denker und Theologe, als er 2005 zum Papst gewählt wurde.

Joseph Ratzinger, bereits als Papst Benedikt XVI, im Papamobil (12/2006)
ORF/Martin Cargnelli
Joseph Ratzinger, bereits als Papst Benedikt XVI, im Papamobil (12/2006)

Aber „der Denker auf dem Thron“ sah sich als Papst den Turbulenzen eines pannenreichen Pontifikats ausgesetzt. Die Dokumentation ruft zum Beispiel die „Regensburger Rede“, die „Affäre Williamson“ oder eben den weltweiten Skandal um den von Priestern begangenen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in Erinnerung. Als Gesprächspartner aus dieser Zeit kommen zwei Ratzinger-Schüler zu Wort: Kardinal Christoph Schönborn und der deutsche Theologe Wolfgang Beinert, dazu kommt der römische Vatikan-Journalist Marco Politi.

Aus der Luther-Stadt Erfurt berichtet die damalige Vorsitzende der Evangelischen Synode, Katrin Göring-Eckardt, über den bemerkenswerten Besuch des deutschen Papstes beim deutschen Reformator. Der muslimische Theologe Mouhanad Khorchide verweist auf die nicht nur negativen Folgen der „Regensburger Rede“; der Jerusalemer Rabbi David Rosen analysiert den Einfluss Benedikts, der ja auch Auschwitz und Israel besucht hat, auf das jüdisch-christliche Verhältnis.

Die „Resignation gegenüber der Wahrheit“ bezeichnete Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch in Mariazell 2007 als „Kern der Krise Europas und des Westens“. Kardinal Christoph Schönborn dazu: „Wahrheit ist auch für ihn nicht einfach Besitz – ein Besitzstand, den man hütet, sondern Wahrheit ist immer auch etwas zu Suchendes, etwas, das vor uns liegt und auf das wir uns ausrichten.“ Benedikt XVI. bleibt zeitlebens ein Denker, ein Intellektueller von Rang. Seine Reden und Ansprachen waren auf höchstem Niveau, seine Enzykliken sind in einem erfrischend lesbaren Stil geschrieben. Auch als Papst blieb der Theologe seiner Profession treu.

Buch und Regie: Christian Rathner

Redaktion: Barbara Krenn, Helmut Tatzreiter