
(K)einen Ton sagen
Vergewaltigung im eigenen Haus. Missbrauch im Sport. Übergriffe in der Kirche. Gewalt in der Kindheit. Der Dokumentarfilm „(K)einen Ton sagen – Missbrauch in Nord- und Südtirol“ von Regisseur Georg Lembergh begleitet vier Frauen aus Nord- und Südtirol, die in unterschiedlichem Lebensalter Opfer sexuellen Missbrauchs wurden. Mit großer Sensibilität zeichnet der Film ihren Weg des Erinnerns und schafft Raum für Offenheit und Vertrauen.
Damaris, eine mehrfache Mutter, wird in ihrem eigenen Haus von einem Bekannten der Familie vergewaltigt.

Manuela Kemper wird als Kind im Religionsunterricht und in der Kirche vom damaligen Dekan missbraucht, während Alexia in ihrer Kindheit auf einem Bauernhof Opfer eines Nachbarn wird und bis heute mit den Folgen lebt.

Besonders in der traditionsbewussten Tiroler Bergregion, wo Stärke und harte Arbeit lange als Tugenden galten, blieb für Gefühle und Verletzlichkeit kaum Platz. Schweigen und Ignoranz schufen ein Klima, in dem Täter unbehelligt agieren konnten, während es für Betroffene unmöglich war über Erlebtes zu reden.
Die Protagonistinnen der Doku brechen dieses Schweigen. Mit unfassbarem Mut erzählen sie von Scham, Ohnmacht und dem langsamen Prozess, sich das eigene Leben zurückzuerobern.

Der Filmemacher begegnet ihnen dabei mit Respekt und Zurückhaltung. Er zeigt Orte, die untrennbar mit den Taten verbunden sind: eine sommerliche Alm, ein verfallener Bauernhof, verschneite Berge, das Innere einer Kirche. Bilder, die dem Film Struktur geben, emotionale Zäsuren setzen und Raum zum Atmen und Nachspüren schaffen. Die Täter und das Umfeld der Betroffenen kommen nur am Rande vor.
„(K)einen Ton sagen“ ist ein leiser, sehr kraftvoller Film, der ohne Pathos auskommt und gerade deshalb tief berührt. Die Frauen brechen ein jahrzehntelanges Tabu und verändern nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern auch das Bewusstsein einer ganzen Gesellschaft. Ein Dokumentarfilm, der aufrüttelt, aufklärt und Hoffnung gibt.
Regie
Georg Lembergh