Jud Süß 2.0 - Von der NS-Filmpropaganda zum Online-Antisemitismus
Alte antisemitische Feindbilder und Verschwörungstheorien werden im digitalen Raum millionenfach gepostet und geteilt. Vor allem in der COVID-Pandemie trieben Verschwörungsideologien mitunter skurrile Blüten, mehr aber noch beförderten sie menschenverachtenden, oft brandgefährlichen Hass. In diesem Zusammenhang stieg die Anzahl der Hassreden und Attacken auf Jüdinnen und Juden signifikant an. Brutstätte des anwachsenden Antisemitismus ist das Internet, wodurch völlig neue Zielgruppen erreicht werden.
Der Investor George Soros oder der Name Rothschild fungieren als Code-Wörter für „internationale Eliten“, die Regierungen manipulieren oder Heerscharen von Geflüchteten einschleusen. Aber auch rechtspopulistische Politiker:innen relativieren den Holocaust und deklarieren Impfgegner:innen als die „neuen Juden“. Felix Moellers Doku zeigt, wie sich der zeitgenössische Antisemitismus uralter Ressentiments und Stereotype bedient – wie sie auch der Nazi-Propaganda-Film Jud Süß aus dem Jahr 1940 aufgegriffen hat – aber auch, wie er zu einer neuen Sprache gefunden hat.
Die renommierte Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden verwahrt einen beträchtlichen Teil des deutschen cineastischen Erbes, darunter Film-Ikonen wie „Metropolis“ oder „Das Kabinett des Dr. Caligari“. Aber auch rund 700 NS-Filme – weggesperrt wie in einem Giftschrank - lagern hier, darunter eines der übelsten antisemitischen Machwerke, „Jud Süß“.
Der Film sei de facto ein Mordaufruf gewesen, sagt Murnau-Vorständin Christiane von Wahlert, und besäße heute leider wieder Aktualität. Trotz aller Restriktionen findet man im Internet dennoch Bilder und Anspielungen auf den Propagandafilm. Es sind online-Foren, in denen sich antisemitische Attentäter formieren und radikalisieren, weiß die Wiener Terrorismus-Expertin Julia Ebner. Undercover recherchierte sie in einschlägigen Zirkeln.
Nur knapp dem Attentat auf die Synagoge in Halle im Jahr 2019 entkommen ist die US-Amerikanerin Talya Feldman. In künstlerischen Arbeiten versucht sie, das Erlebte aufzuarbeiten.
Regie
Felix Moeller