
Josef Frank - Stil & Blüten
Rankend, knospend, in üppiger Blüte stehend und das in fröhlicher Farbigkeit: florale Stoff- und Tapetendessins, die man in aller Welt kennt – nur ihr Schöpfer ist hierzulande weitgehend dem Vergessen anheimgefallen.

Zu Unrecht, wie Regisseur Rudolf Klingohr in seinem Film über Josef Frank bildgewaltig vor Augen führt. So zeitlos-modern die Textildesigns und rund 1.000 Möbelentwürfe des vor 140 Jahren in Baden bei Wien geborenen Vielbegabten geblieben sind, so wenig ist seine Bedeutung als Architekt zu unterschätzen. Mit der Villa Beer im 13. Wiener Gemeindebezirk, die derzeit detailgetreu restauriert wird, schuf er eine architektonische Ikone der österreichischen Moderne. Nicht nur Villen für eine betuchte Klientel schuf Frank, sondern auch richtungsweisende Kommunalbauten, die ihn als großen Humanisten ausweisen. In die Architektur- und Designgeschichte eingegangen ist er als leidenschaftlicher Anti-Stilist, der Moden wie Normierung stets vehement ablehnte.

In Schweden werden seine unzähligen Sofas, Sessel, Vitrinen oder Lampen immer noch nach seinen Originalentwürfen in Handarbeit gefertigt und quer über den Globus verschifft. Als Jude war Josef Frank in die Emigration gezwungen worden, in Stockholm fand er eine zweite Heimat, mit der Inneneinrichtungsmanufaktur Svenskt Tenn ging er eine Jahrzehnte währende Partnerschaft ein. Frank wird so sehr mit dem skandinavischen Land in Verbindung gebracht, weil heute zahlreiche Schwedische Botschaften und Residenzen in aller Welt mit seinen Möbeln eingerichtet sind – sinnbildhaft für schwedische Wohnlichkeit.

Vermisst haben muss Frank seine Arbeit als Architekt, für die er im Exil keine Auftraggeber fand. Dabei hatte er ab den 1910er-Jahren in Österreich – oft in Kooperation mit Oskar Wlach und Oskar Strnad – Wegweisendes geschaffen. Für den Industriellen Hugo Bunzl und dessen Frau Olga baut er einen Landsitz in der Nähe von Pernitz – kein repräsentativer Protzbau, sondern zurückgenommen und eher schon den Bedürfnissen von Selbstversorgern angepasst.

Dort realisiert er auch eine Werkssiedlung und einen Kindergarten. Nach dem ersten Weltkrieg werden Baugenossenschaften gegründet, sie markieren den Beginn der Wiener Siedlerbewegung: von der Stadt finanziell unterstütze Selbstversorgerkolonien, in denen die Siedlerinnen und Siedler auf den Baustellen einen nicht unwesentlichen Anteil an der Errichtung hatten. Die Parzellen waren so ausgerichtet, dass die neu Zugezogenen etwa Ziegen halten oder Obst und Gemüse anbauen konnten. Franks Konzept für die Siedlung Hoffinger sah bewegliche Zwischenwände und die Verlängerung des Wohnraums in den Garten vor.

Seine Vision von sozialem Wohnbau im Roten Wien verwirklicht Josef Frank mit dem Winarsky-Hof: eine schlichte Antipode zu den damals prahlerischen Wohn-„Palästen“. Auch hier verlängert Frank den Innenraum nach draußen – wenn auch nur in Form von Balkonen. Endlich aus dem Dornröschenschlaf erwacht ist Josef Franks zentrales Bauwerk: die Villa Beer.

Gemeinsam mit Oskar Wlach von 1929 bis 1930 erbaut, bezeichnete es Friedrich Achleitner, Chronist der österreichischen Architektur-Moderne, als bedeutendstes Beispiel Wiener Wohnkultur. Auch hier blieb der Architekt seinem Bekenntnis zum Understatement treu: „Ein moderner Wohnraum ist kein Kunstwerk, er wirkt weder auffallend, noch effektvoll, noch aufregend. Er ist behaglich, ohne dass man sagen kann, warum.“
Regie
Rudolf Klingohr
Links:
Josef Frank
Oskar Wlach
Oskar Strnad