Jazz in Österreich - Von der Befreiung zum Neubeginn
Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich Österreich in einer Zeit des Wiederaufbaus und der kulturellen Neuorientierung. Der Jazz, während der Zeit des Nationalsozialismus verboten und verpönt, kam ab 1945 vor allem durch die amerikanischen Besatzungstruppen ins Land. Während Österreich sich von den Schrecken des Krieges erholte, bot der Jazz eine Form des Ausdrucks, die Freiheit, Individualität und die Hoffnung auf eine neue Ära verkörperte.

Zu Kriegsende war das Aufatmen und der Hunger nach den coolen Sounds, die da vom anderen Ufer des Atlantiks herüberschallten, groß. Die britische und vor allem die US-amerikanische Besatzungsmacht boten einen wichtigen Nährboden dafür, dass dieser Hunger auch gestillt werden konnte. Die Jazzsendungen in der eigentlich zur Unterhaltung der GIs installierten Sendergruppe Blue Danube Network weckten in vielen jungen Menschen die Begeisterung für die swingenden Rhythmen.

Die Clubs der US-Army boten einschlägige Auftrittsmöglichkeiten. Beinahe alle österreichischen Jazzmusiker, die ab 1945 ins Rampenlicht der Öffentlichkeit traten, von Saxofonist Hans Koller über die Pianisten Joe Zawinul und Roland Kovac bis hin zu Klarinettist Fatty George, sind durch diese „Schule“ gegangen.

So ist erklärbar, dass Jazzmusiker aus Österreich nach 1945 so rasch wieder Anschluss an die internationale Jazzwelt fanden. Vor allem die Austrian All Stars sind hier zu nennen. Mitte der 1950er Jahre hatten sich einige der besten Jazzer der Wiener Szene zusammengeschlossen: Hans Salomon, Karl Drewo, Joe Zawinul, Rudolf Hansen und Viktor Plasil. Sie spielten den damals in Europa angesagten Cool Jazz auf einem international bemerkenswerten Niveau.

Gleichzeitig bereitete die liberale britische Besatzungsmacht in der Steiermark den Boden für das Entstehen der Jazzstadt Graz, die international erfolgreiche Musiker wie Posaunist Erich Kleinschuster oder Pianist Dieter Glawischnig hervorbrachte. 1965 kam es in Graz zur Gründung der europaweit ersten Jazzausbildungsinstitution auf akademischem Niveau.

Bassist John Fischer, Saxofonist Heinz von Hermann, Pianist Dieter Glawischnig und Sängerin Elly Wright waren damals aktiver Teil der Szene und agieren im Film als Zeitzeug:innen.

Ex-Bundespräsident Heinz Fischer, Jazzhistorikerin Elisabeth Kolleritsch, Sammler Felix Dillmann, Publizist Johannes Kunz berichten als Szenebeobachter:innen und Jazzliebhaber:innen. Als einer der ganz grossen österreichischen Jazzmusiker ist Thomas Gansch zu sehen und zu hören. Mit dem Einsatz von sorgfältig kuratiertem Archivmaterial – rare und seit damals nicht mehr gesehene Jazzhighlights inklusive – wird anschaulich, wie rasch der Jazz in Österreich damals Fuß fassen und zu einem relevanten Teil der kulturellen Landschaft werden konnte.

Die Dokumentation „Jazz in Österreich – Von der Befreiung zum Neubeginn“ zeigt, dass Jazz in Österreich nach 1945 ein Symbol des gesellschaftlichen Wandels und der kulturellen Befreiung war und erzählt, wie der Jazz eine Generation inspirierte, die nach Jahren der Unterdrückung und Gleichschaltung nach neuen Wegen des Ausdrucks und der Identität suchte.
Regie
Andreas Felber & Dietmar Petschl