Ikonen Österreichs
Kinderglück
Die Kultur unseres Landes wird stark geprägt von seiner Geschichte. Sie findet sich nicht nur in den Geschichtsbüchern, sondern auch in einer Reihe von beliebten Alltagsgegenständen. Diese waren uns Österreicher*innen in unserer Kindheit allgegenwärtig. Und sie avancierten schließlich zu wahren Kulturgegenständen, deren Nostalgie und Retrochic wir heute bewundern. Dabei wurden so manche österreichische Errungenschaften, die zu unserem Kinderglück beigetragen haben, ursprünglich für Erwachsene entwickelt.
So erzählen der Kasperl, der PEZ-Automat und der Sparefroh vom einstigen Leben in Österreich, vom Kind-Sein, vom Erwachsen-Sein - und dabei unmittelbar anschaulich von der sozialen, kulturellen und politischen Entwicklung unseres Landes.
In der neuen Folge der ORF-Kulturreihe „Ikonen Österreichs“ begibt sich Regisseurin Marleen Paeschke unter anderem auf Spurensuche nach einer der dramatischsten und facettenreichsten Figur des österreichischen Puppentheaters: dem Kasperl. Seine Urform als Hanswurst trieb bereits Kaiserin Maria Theresia die Schamesröte in die Wangen und verlieh dem Wiener Wurstelprater seine Bezeichnung.
Der Kasperl hat nicht nur viele Namen, sondern auch viele Gesichter und war beileibe nicht immer ein Vorbild für die lieben Kleinen. Sein Denken und Handeln drehte sich vor allem ums Fressen und Saufen, ums Vögeln und Prügeln.
Dabei schlüpfte er in die verschiedensten politischen Rollen; er war zum Beispiel Anarchist, er war Sozialdemokrat und er war Nazi. Erst nach Kriegsende wurde der Kasperl zahm, um im Urania-Puppentheater mit kuriosem Sprachwitz, tollkühnen Abenteuern und pädagogischem Mehrwert, die Kinderherzen von ganz Österreich zu erobern.
Der PEZ-Automat erreichte über Österreichs Grenzen hinaus Kultstatus. Bis zur Jahrtausendwende war der postgelbe Blechkasten Teil des Lokalkolorit Österreichs.
Mit einer 1 Schilling Münze versüßte er ironischerweise 24 Stunden täglich das Leben kleiner Zuckergoscherln. Verdankte er doch seine hiesige „Geburt“ aus heiterem Himmel ausgerechnet der Einführung der Antibabypille.
Anhand von Originaldokumenten und Interviews wird der weltweite Kult um die PEZ-Automaten und die PEZ-Spenderfiguren nachgezeichnet. Und wir erfahren: Was das alles mit der Anti-Rauchkampagne im zweiten Weltkrieg zu tun hat? Und warum Walt Disney dabei eine gewichtige Rolle spielt?
Nicht ganz so spektakulär, dafür umso symbolträchtiger für die Wirtschaftswunderjahre Österreichs tritt das dritte Kultobjekt dieses Filmes in Erscheinung: Der Sparefroh. Er wurde 1955 vom Deutschen Sparkassenverband erfunden und gelangte bereits wenig später über die Salzburger Sparkasse nach Österreich.
Der Sparefroh warb auf zum Teil kunstvoll gestalteten Plakaten, in Filmen und Fernsehspots. Die Sparefrohzeitschrift fand als staatlich anerkanntes Unterrichtsmittel den Weg in die Schulen. Und der Weltspartag wurde begangen wie ein Nationalfeiertag. In den 1970ern war der Sparefroh bekannter als so mancher österreichische Politiker und hatte einen Kultstatus erreicht, der bis heute Seinesgleichen sucht. Schliesslich hielt der Sparefroh Einzug in die Kunstblättersammlung des MAK - Museum für Angewandte Kunst.
Die Reihe „Ikonen Österreichs“ rückt Gegenstände ins Scheinwerferlicht, die eine ikonische Bedeutung für die Geschichte des Landes und seine Menschen haben.
Regie
Marleen Paeschke