Ikonen Österreichs
Es lebe der Sport
Kaum wo wird der Begriff „Ikone“ öfter verwendet als im Sport. Die damit bezeichneten erfolgreichen Athleten werden nicht selten zum Spiegelbild übersteigerten Nationalbewusstseins. Drei Objekte in „Ikonen Österreichs – Es lebe der Sport“ stehen für den Taumel, der unsere Landsleute zuweilen erfasst, wenn es um die Erfolge von herausragenden Sportlern geht: ein Pokal des Wunderteams, die erste Hantel von Arnold Schwarzenegger und die olympische Goldmedaille der Annemarie Moser-Pröll. Diese Objekte stehen in der Dokumentation von Regisseur Martin Betz für den Geltungsdrang einer Nation, und doch stehen hinter ihnen keine Ikonen, sondern Menschen – denen man alles zugesteht, nur nicht ihre Verletzlichkeit.
Der silberne Fußball-Pokal hat im Laufe der Zeit viel an Glanz verloren. Doch was ins Auge sticht, ist das Einschussloch in seiner Mitte. Verliehen wurde die Trophäe 1931 dem legendären „Wunderteam“, angeschossen wurde der Pokal im Zuge der Bürgerkriegskämpfe im Februar 1934 im Karl-Marx-Hof.
Dort lebte Hugo Meisl, Teamchef dieser so erfolgreichen Nationalmannschaft, die etwa Deutschland mit 6:0 oder Ungarn mit 8:2 vom Platz schoß. Der Historiker Georg Spitaler: „Hugo Meisl war sicher der große Innovator des österreichischen Fußballs.“
Mit dessen Enkel Herbert Meisl begeben wir uns auf Spurensuche nach den böhmischen Wurzeln des in eine jüdische Familie geborenen Sportpioniers, erleben die fruchtbare Verbindung zwischen Wiener Kaffeehaus und Fußball in den Erinnerungen von Friedrich Torberg und entdecken eine seltsame Symmetrie zwischen dem Ende der Demokratie in Österreich und dem Niedergang des fast unschlagbaren Wunderteams.
Aus Alteisen zusammengeschweißt, so präsentiert sich Arnold Schwarzeneggers erste Hantel aus dem Jahr 1964. Käuflich erwerbbare Hanteln gab es damals in Österreich nicht, genauso wenig wie der Begriff Bodybuilding im allgemeinen Sprachgebrauch verbreitet war.
54-mal hintereinander soll Schwarzenegger das 38 kg schwere Ding hochgestemmt haben. Doch die Hantel steht für viel mehr als bloße Muskelpracht: für die Flucht eines Jugendlichen vor der engstirnigen Welt des tyrannischen Vaters, eines Gendarmeriebeamten in Thal bei Graz und ehemals begeisterten NS-Parteimitglieds. Kurt Marnul, Schwarzeneggers erster Trainer, heute 94 Jahre alt, berichtet, wie hartnäckig sein berühmtester Schützling trainierte und welche Helfer ihm den Absprung nach Amerika ermöglichten.
Aus der Steiermark nahm Schwarzenegger, so Marnul, ein unbezahlbares Gut mit: „Bauernschläue! Der Arnold hat die Amis immer ein bisschen zum Narren gehalten, aber die haben das gar nicht gemerkt. Und so hat er sich drüben erfolgreich durchgeschlagen.“
Wie nah des Volkes Gunst oder Zorn beieinander liegen, hat die Skirennläuferin Annemarie Moser-Pröll eindrücklich erlebt. 1972, als nach dem Ausschluss von Karl Schranz bei den Olympischen Spielen kollektive nationale Hysterie herrschte, wurde es der hohen Favoritin übelgenommen, überhaupt an den Start gegangen zu sein – und noch mehr, dann nicht einmal gewonnen zu haben. Der zweifachen Silbermedaillengewinnerin von Sapporo wurden per Post Fäkalien zugestellt. „Heute trau ich mich, das zu erzählen, damals hab ich mich noch geschämt dafür“, sagt die Skilegende aus Kleinarl heute.
Erst acht Jahre später, 1980, gelang ihr der lang ersehnte Erfolg – die olympische Goldmedaille von Lake Placid. Neben diesem ikonischen Objekt werden Moser-Prölls Siegerskier aus den 1970ern vorgestellt.
Ein Skitest im Renngelände wird zeigen, ob die ehemalige Seriensiegerin mehr als 40 Jahre später mit den unermesslich langen Brettern mit Bleieinlage immer noch zurechtkommen wird oder ob sie doch mit modernen Carving-Skiern schneller zu Tale rasen wird.
Regie
Martin Betz