
Ich will alles. Hildegard Knef
Film- und Broadway-Star, internationale Bestseller-Autorin, umjubelte Chansonnière – „die größte Sängerin ohne Stimme“, wie Ella Fitzgerald sie bezeichnete: Hildegard Knef war Ikone und Diva, lange bevor diese Begriffe so inflationär vergeben wurden. Ihre Triumphe waren ebenso spektakulär wie ihre Abstürze: eine Stehauf-Frau, die sich nicht unterkriegen ließ, mit unbändigem Willen zum Erfolg, ausgestattet mit überbordendem Talent. Ihre Waffen gegen die Hiebe des Schicksals waren ihr funkelnder Verstand und ihre Berliner Schnauze.

Mit ihrer Rolle im ersten deutschen Nachkriegsfilm „Die Mörder sind unter uns“ wurde sie schlagartig berühmt, wenig später in Hollywood kaltgestellt und ein paar Jahre danach am Broadway in Cole Porters Musical „Silk Stockings“ gefeiert. In den 1970er-Jahren stürmte sie mit ihrer brillanten Autobiografie „Der geschenkte Gaul“ die Bestsellerlisten, mit ihren Schallplatten die Hitparaden.
In ihrem berühmtesten Lied „Für mich soll´s rote Rosen regnen“ lautet eine Zeile „Ich will, will alles oder nichts“, die emblematisch für ihr Leben steht und den sich Regisseurin Luzia Schmid als Titel für ihre Doku lieh.

Ausführlich zu Wort kommt darin Hildegard Knefs einzige Tochter Christina „Tinta“ Palastanga. Mit 16 sagte sie still: ich will. Mit 14 aber lief sie um ihr Leben. Feuer am Dach, buchstäblich: Es hagelt Bomben auf Berlin. Hilde stürzt, hat Blut und Dreck im Mund, aber sie rappelt sich auf und läuft weiter. Durch ihre Kriegs-Erfahrungen habe sie früh gelernt, zu überleben, sagt ihre Tochter Christina Palastanga.
In der Schauspielschule ist Knef die Einzige, die dem Lehrer nicht gefallen will - die Uneitle, deren Eitelkeit es ist, die Beste werden zu wollen. Unmittelbar nach dem Krieg erwächst sie aus den Trümmern der Stadt wie der sprichwörtliche Phönix aus der Asche. Sie spielt die Hauptrolle im ersten deutschen Nachkriegsfilm „Die Mörder sind unter uns“ und ist schlagartig berühmt.

Es folgt der Ruf nach Hollywood. Sie ist von dem Gedanken besessen, es auch dort zu schaffen. Doch in der Traumfabrik wird sie auf Eis gelegt. Für eine junge Frau aus dem Land der Täter gibt es keine Rollen. Aber Willi Forst hat eine für sie: „Die Sünderin“ heißt der Film, in dem sie sechs Sekunden lang aus größerer Entfernung nackt zu sehen ist. Die Volksseele kocht vor Empörung über, diesmal brennen Kinos. Die Heimkehrerin wird zum gefallenen Mädchen.
Und wieder rappelt sie sich auf. Cole Porter überzeugt sie, dass sie singen kann. „Silk Stockings“ heißt sein Musical, das auf Ernst Lubitschs Film „Ninotschka“ basiert. Fast 500-mal spielt sie die Titelrolle, der Broadway steht Kopf.

Den 8. Mai 1959 bezeichnete Hildegard Knef als den Tag ihrer eigentlichen Geburt. Da lernt sie den um sechs Jahre jüngeren britischen Schauspieler David Cameron kennen, den sie zärtlich Tonio nennt. Er managt ihre Schallplattenkarriere und übersetzt ihre Autobiographie „Der geschenkte Gaul“ ins Englische. Ein Weltbestseller, übersetzt in 17 Sprachen, auf den ein weiteres Buch folgt. In „Das Urteil“ thematisiert sie ihre Krebserkrankung – ein Tabubruch, in einer Gesellschaft, die den Tod verdrängt.
Irgendwann habe sich Hildegard Knef daran gewöhnt, krank zu sein, sagt ihre Tochter in dem Film. Krankheiten seien Teil ihres Lebens geworden. Als Hildegard Knef am 1. Februar 2001 starb, war sie bereits unsterblich geworden.

Regisseurin Luzia Schmid erzählt von einer scheinbar furchtlosen Frau, die den Mut aufbrachte, sich ihren Ängsten zu stellen und dem Leben auch in schier aussichtslosen Momenten ein Stück Glück abtrotzte.