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Grinzing - Das Dorf unterm Himmel

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Welche Millionenmetropole kann schon mit einem mittelalterlichen Winzerdorf aufwarten?

Und welcher Heurigenort hat schon eine Straße, die direkt zum Himmel führt? Tatsächlich, in Grinzing, im Nordwesten Wiens gelegen, führt die Himmelstraße direkt zu jenem Areal, das „Am Himmel“ heißt. Ob es daran liegt, dass man sich hier allem Irdischen ein wenig entrückt fühlt? Oder doch eher am Wein, dessen jahrtausendealter Kulturgeschichte der Ort seine Berühmtheit verdankt?

Grinzing - Das Dorf unterm Himmel
ORF/wrfilm
Elisabeth Fallenberg mit Regisseur Michael Meister.

Michael Meister hat sich im Dorf unterm Himmel genau umgesehen, das in den letzten Jahrzehnten einem rasanten Wandel unterworfen ist. Und er hat prominente wie spannende Grinzingerinnen und Grinzinger getroffen - darunter Schauspielerin Maresa Hörbiger, das ehemalige Top-Model Elisabeth Fallenberg und ihren Mann, Star-Fotograf Pedro Kramreiter, oder den Musiker des ORF Radio Symphonie Orchesters und Nebenerwerbswinzer Peter Uhler. Zu Grinzing passend ausgewählte literarische Zitate liest Cornelius Obonya.

Grinzing - Das Dorf unterm Himmel
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Glamour-Paar in Grinzing: Pedro Kramreiter und Elisabeth Fallenberg.

Der Trummelhof ist so etwas wie die Herzkammer Grinzings. Im 12. Jahrhundert vom Geschlecht der Grunzinger auf den Überresten einer römischen Anlage errichtet, war er schon Trutzburg gegen die Türken, Klostergut und Brauhaus. Seine prominenten Bewohner sind Elisabeth Fallenberg und Pedro Kramreiter. Im Erdgeschoß des Gebäudes war jahrzehntelang die Trummelhofbar untergebracht: Udo Jürgens spielte hier auf, Leopold Figl und Julius Raab feierten hier den Staatsvertrag und Curd Jürgens ließ die Korken knallen. Doch es ist ruhig geworden im ehemaligen Jet Set-Treff, seit Jahren ist er ein Leerstand.

Grinzing - Das Dorf unterm Himmel
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Immer weniger haben ausg´steckt: Heurigensterben in Grinzing

Überhaupt ist es ziemlich still geworden in Grinzing. Viele Heurige sperrten zu, hinter den glattgeputzten Fassaden der ehemaligen Betriebe verbergen sich heute Luxusapartments. Viel vom ehemaligen Flair ist verflogen. „Grinzing war früher noch viel mehr Dorf“, seufzt denn auch Elisabeth Fallenberg.

Grinzing - Das Dorf unterm Himmel
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Peter Uhler beim Musizieren in den Weinbergen

Ein wenig muss da Peter Uhler widersprechen: Das dörfliche Miteinander sei durchaus intakt, jedenfalls innerhalb der Kollegenschaft der Weinhauerinnen und Weinhauer. Es sei durchaus möglich, dass es in der Zeit der zahlreichen Großbetriebe mehr Grabenkämpfe gegeben habe. Der Schritt zum Winzer war für den Musiker naheliegend – schon die Großeltern waren in Grinzing ansässig – und doch mutig. Er brachte sich das Gewerbe im Do-It-Yourself-Verfahren bei. Zwischen seinen beiden Berufen sieht er große Parallelen: in beiden Bereichen müsse man in großen Bögen denken.

Grinzing - Das Dorf unterm Himmel
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„Ich habe meine Wurzeln in Grinzing“: Maresa Hörbiger

Das Haus Himmelstraße 24 ist stadtbekannt, war es doch Wohnsitz des Ehepaares Paula Wessely und Attila Hörbiger. Deren Tochter Maresa Hörbiger erinnert sich lebhaft an frühe Rollenspiele mit ihrer älteren Schwester Christiane Hörbiger – und an einen prominenten Nachbarn: Theodor Körner, erster direkt vom Volk gewählter Bundespräsident der Zweiten Republik.

Grinzing - Das Dorf unterm Himmel
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Ernst Strouhal hat die dramatische Geschichte von vier Schwestern aus Grinzing niedergeschrieben

Kulturpublizist Ernst Strouhal ist ein Enkel des einstigen Besitzers und Herausgebers der Neuen Freien Presse, Ernst Benedikt. Dieser lebte mit seiner Frau und seinen vier Töchtern in der Himmelstraße 55. Das Haus wurde von den Nazis geraubt, die Familie konnte sich vor Hitlers mörderischem Regime in die Emigration flüchten. Strouhal schrieb dazu das Buch „Vier Schwestern. Fernes Wien, Fremde Welt“. Erstmals besucht er den Garten des Hauses und meint: „Es ist ein schöner Ort. Aber wie Manches in Grinzing Teil einer hässlichen Geschichte.“

Weiters zu Wort kommen die Autorin Bettina Balàka, die einen historischen Roman über den „Zauberer vom Cobenzl“ geschrieben hat und der ehemalige Sozialarbeiter Harti Oberkofler, der am Rande Grinzings einen künstlerischen Garten angelegt hat, der ein wenig an Friedensreich Hundertwasser gemahnt.  

Regie
Michael Meister

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