Eugenie Schwarzwald: Pionierin der Moderne
Eine junge Frau will im Wien des Fin de Siècle den vom damaligen Bildungssystem massiv benachteiligten Mädchen bessere Chancen auf eine selbstbestimmte Zukunft ermöglichen. Im Alter von nicht einmal 30 Jahren kauft sie kurzerhand eine ganze Schule: Eugenie Schwarzwald. Als Lehrer engagiert sie Oskar Kokoschka und Arnold Schönberg, Adolf Loos unterrichtet Architektur.
„Genies sind im österreichischen Lehrplan nicht vorgesehen!“ Das war die Replik aus dem Unterrichtsministerium, als Eugenie Schwarzwald wortreich, aber vergeblich gegen die behördliche Entfernung von Oskar Kokoschka aus ihrer Schule ankämpfte und seine Genialität hervorhob.
Es ist erstaunlich, wie sich Schwarzwald von behördlicher Beton-Mentalität nicht beirren ließ und ihre Ideen konsequent weiterverfolgte. Sie betrieb in ihrem Schulgebäude mehrere Bildungseinrichtungen, in der Volksschule etwa saßen Mädchen wie Buben in einer Klasse. Sie setzte auf Ko-Edukation, weil diese „Mädchen klüger und Knaben gesitteter“ machen würde.
Dabei wurde in Wien nicht einmal ihr in der Schweiz erworbener akademischer Titel anerkannt. So kam es, dass sie einen Lehrer als Schuldirektor einsetzen musste - ein Strohmann, denn natürlich zog sie im Hintergrund weiter die Fäden.
Legendär sind die Feste, die Eugenie Schwarzwald gemeinsam mit ihrem Ehemann in ihrem Salon ausrichtete: Zum einen, weil absolutes Alkoholverbot bestand, zum anderen, weil sich dort „toute Vienne“, jedenfalls die Avantgarde der Stadt einfand. Schwarzwald ging es nicht um das Einsammeln von Prominenz, sondern von Talenten, die sie miteinander vernetzte.
Ein inniges Verhältnis pflegte sie zu Adolf Loos, der bei ihr unterrichtete und Inneneinrichtungen gestaltete. Er sollte auch ihr Lebenswerk architektonisch umsetzen, wozu es aber wegen der politischen Ereignisse nicht mehr kam.
Der Jüdin Eugenie Schwarzwald gelang – schon schwer von einer Krebserkrankung gezeichnet – die Flucht. 1940 starb sie in Zürich.
Regie
Alex Wieser