
Eine neue Existenz - Heimat im Exil
Ist es möglich, alles – die eigene Kultur, Beruf und Familie - hinter sich zu lassen und ein ganz neues Leben zu beginnen? Können Menschen, die vor Krieg und Katastrophen geflüchtet sind, in der Fremde tatsächlich eine neue Heimat finden? Lassen Sie nicht immer einen Teil ihrer Identität zurück? Dem Filmemacher Nour Alsoliman gelang 2015 die Flucht aus Syrien nach Österreich. Mit ungewissen Erwartungen und großen Hoffnungen im Gepäck ist er aufgebrochen, über viele Steine, die ihm in den Weg gelegt wurden, stolperte er. In „Eine neue Existenz – Heimat im Exil“ erzählt er von sechs seiner Landsleute, die wie er seit ein paar Jahren in Österreich leben und befragt sie nach ihren Erfahrungen, Erfolgen und Enttäuschungen.

Wenn es um das nackte Überleben geht, sind Menschen bereit, sich von nahezu allem zu trennen, was sie geformt und bestimmt hat. Eines werden sie jedoch nie los: ihre Erinnerungen und die Traumata, die ihnen der Krieg zugefügt hat:

„Ich kann mir immer noch keine Filme ansehen, die irgendeine Art von Gewalt enthalten. Ich fange sofort an zu weinen. Ich weiß, dass es nur Schauspielerei ist, aber ich kann mich trotzdem nicht beherrschen“, berichtet Hussam. Gleichwohl geht es ihm besser als noch vor einigen Jahren, als ihn Albträume regelmäßig aus dem Schlaf rissen.

Fidaa kann auf keine Erfolgsgeschichte verweisen, die Medien so gerne aufgreifen: Mit 60 Jahren hat sie kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt, mit der neuen Sprache konnte sie sich nicht anfreunden und mit der neuen Stadt auch nicht: „Wien ist eine der schönsten Städte, und ich glaube, dass ich eine nette Frau bin. Aber es hat einfach nicht geklappt. Wir mögen einander einfach nicht.“

Ilham träumt davon, Österreicherin zu werden – auch, weil ihr dieser Status paradoxer Weise die Verbindung zur alten Heimat erleichterte: „Ich träume also von einem Land, das mir ein Dokument ausstellt, mit dem ich meine Familie im Notfall nur für ein paar Tage besuchen kann. Mein Beileid direkt zu bekunden, wenn etwa ein Familienmitglied stirbt. Das ist das Einzige, wovon ich träume.“

„Eine neue Existenz – Heimat im Exil“ erzählt auch davon, was es in der Praxis bedeutet, wenn neu Angekommene integriert werden sollen - zumal die Mehrheitsgesellschaft in dieser Frage tief gespalten ist. Dreh- und Angelpunkt des Films ist Bashars Friseurladen, in dem die porträtierten Syrer*innen von den Freuden und Tiefschlägen in der neuen Heimat berichten.