Christine Lavant - Wie pünktlich die Verzweiflung ist
Christine Lavant
Hört man den Namen Christine Lavant, hat man das Bild einer hageren, bäuerlich gekleideten Frau mit Kopftuch im Sinn. Eine Art dichtendes Kräuterweiblein. An diesem Image ist Lavant nicht ganz unschuldig. Sie war pfiffig genug zu ahnen, dass gute Vermarktung eine Marke braucht. Dass sie lange als katholische Lyrikerin (miss)verstanden wurde, verstellte den Blick auf eine großartige Dichterin, über die es im Buchhandel noch keine einzige Biografie gibt.
Die biografischen Daten der als Christine Thonhauser geborenen Dichterin, sind schnell erzählt: am 4. Juli 1915 wird sie als neuntes Kind eines Bergmanns und einer Flickenschneiderin in St. Stefan im Lavanttal in ärmste Umstände geboren. Von Anbeginn ist sie krank und hat dadurch keine gewöhnliche Kindheit. Mit 24 heiratet sie auch noch den 60jährigen Landschaftsmaler Josef Habernig, der arm und erfolglos ist. Obwohl oder gerade weil sie wegen ihrer schlechten Gesundheit nur wenige Jahre die Schule besuchen kann, liest und schreibt sie „schon immer“. Sie veröffentlicht über ein Dutzend Erzählungen und etwa 1000 Gedichte.
Kurz scheint das Glück ihr gewogen – mit dem Maler Werner Berg erlebt sie die große Liebe ihres Lebens, die jedoch keine Zukunft hat – beide sind verheiratet. Die Intensität der Gefühle bringt eine kraftvolle Lyrik hervor; für ihre Gedichtbände erhält sie etliche Preise. Drei Jahre nach der Verleihung des Großen Österreichischen Staatspreises für Literatur, stirbt sie mit nur 58 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.
„Das wahrhaft Erlebte oder vielmehr die stückweisen Spiegelbilder davon finden sich mehr oder weniger verzaubert-verdichtet in meinen Büchern.“ Wer sich mit dem lavantschen Werk befasst, ahnt, was dieser Frau zugemutet wurde. Wer weiter liest, spürt schnell wie radikal und unversöhnt sie gegen das alles angedichtet hat, und wie sehr sie dafür die deutsche Sprache und die Regeln der Dichtkunst erweitern musste.
Der Film von Regisseurin Danielle Proskar sucht das Wesen, das sich hinter dem Pseudonym Christine Lavant verbirgt. Lavants Lyrik ist gut verschlüsselt, doch in hunderten Briefen an berühmte Zeitgenossen und Freunde schreibt sie frei heraus über ihre Gefühle, Ängste, Hoffnungen, und selten über ihr Glück. So entwirft sie für uns ein höchst persönliches, vielgestaltiges Selbstportrait einer Künstlerin, die da behauptet: „Kunst wie meine, ist nur verstümmeltes Leben.“
Regie
Danielle Proskar