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Berlusconis Aufstieg

Young Berlusconi

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Brust und Spiele für das Fernseh-Volk: Barbusige Blondinen als stumme Staffage in grotesken Gameshows wurden zum Sinnbild des Trash-TV. Erfunden hat es in den 1980er-Jahren Silvio Berlusconi, Blaupause aller Rechtspopulisten heutiger Prägung in der westlichen Welt. Regisseur Simone Manetti zeichnet in seiner Doku den Aufstieg des im Vorjahr verstorbenen „Cavaliere“ vom Immobilienentwickler zum TV-Mogul, der dank seiner medialen Macht zum Premierminister Italiens aufstieg. Es ist dies das Porträt eines charismatischen Menschenfängers, frei von Skrupeln, dafür mit dem unbedingten Willen zur Macht ausgestattet.

Berlusconis Aufstieg
Franco Origlia/Getty Images

Die1970er-Jahre: ganz Italien wird von der nationalen Rundfunkanstalt RAI mit – wie es heute hieße – TV-Content versorgt, es besteht de facto ein Monopol. Ganz Italien? Nur eine kleine Trabantenstadt im Norden des Landes hält dagegen. „Milano 2“ heißt eine Wohnsiedlung, die der Bauunternehmer Silvio Berlusconi hochgezogen hatte. Die Bewohner werden mit einem eigenen Fernsehangebot versorgt: leichte Unterhaltung, lokale News. Das Ausstrahlungsradius umfasst nur wenige Kilometer. Trotz strikter Restriktionen gelingt es dem Selfmade-Man, das Sendegebiet binnen kurzer Zeit auf die gesamte Lombardei auszuweiten. Er baut ein Netzwerk lokaler Sender auf, das er über das ganze Land legt. Und dann 1982 der Coup: Exakt zeitgleich startet Berlusconi an allen Sendestationen dasselbe Programm, womit er das Verbot landesweiter Übertragungen von Fernsehangeboten umgeht. Dies ist der Beginn der „Berlusconisierung“ Italiens.

Berlusconis Aufstieg
Vittoriano Rastelli/CORBIS/Corbis via Getty Images

Die Doku zeichnet minutiös nach, wie Silvio Berlusconi mit untrüglichem Instinkt und scheinbar unwiderstehlichem Charme auf aggressiven Expansionskurs ging. In der Folge gelingt es ihm sogar, sein Modell kommerziellen Fernsehens bis in die UdSSR zu exportieren, bevor er dann nationale Versionen von „Canale 5“ in Frankreich, Spanien und Deutschland aufbaut. 1986 kommt ein weiteres Geschäftsfeld dazu, das wesentlich zu seiner Popularität beiträgt: Er kauft den AC Mailand, der zu einem der erfolgreichsten Fußballclubs der Welt avanciert. Doch dann scheint sich eine Schlinge um seinen Hals zu legen: viele seiner wichtigsten Gewährsleute versinken in einem Korruptionssumpf. Berlusconis mächtigster Steigbügelhalter, der ehemalige Ministerpräsident Bettino Craxi, muss sich letztlich ins tunesische Exil absetzen. Als Berlusconi mit dem Rücken zur Wand und die Finanzpolizei vor den Toren seiner Firmenzentrale steht, tritt der „Cavaliere“ die Flucht nach vorne an: „Italien ist das Land, das ich liebe“, lauten die ersten Worte seiner Rede, in der er am 26. Jänner 1994 seinen Einstieg in die Politik verkündet – ohne konkrete Inhalte oder ein politisches Programm zu nennen. Zwei Monate später entscheidet er die Parlamentswahlen für seine Partei „Forza Italia“.

„Berlusconis Aufstieg“ ist ein Sittenbild Italiens der 1980er-Jahre und das Porträt eines zutiefst polarisierenden Mannes, der wie kaum ein zweiter mit Populismus, Persönlichkeitskult, Emotionen und Medien zu jonglieren verstand.

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