Ans Ende der Welt - Victor Urbancic in Island
1938 mussten der österreichische Komponist Victor Urbancic und seine jüdische Frau, die Lyrikerin und Bildhauerin Melitta Grünbaum, das Land verlassen. Gemeinsam mit ihren drei Kindern konnten sie nach Island emigrieren. Dass Island bis zu ihrem Lebensende ihre Heimat bleiben würde, wussten sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die Dokumentation von Stephan Herzog gibt einen Einblick in die bewegte Geschichte der Familie.
Die Arbeit in seiner neuen Heimat war mit jener in Österreich kaum vergleichbar. Urbancic, der bereits an großen Häusern dirigiert hatte, leistete in Island während seiner Tätigkeit als Musikschullehrer vorerst Basisarbeit. Er kopierte Noten händisch oder transkribierte nicht verfügbare Stücke von Schallplatten und bereiste auf schlechten Straßen und per Schiff das Land, um Sängerinnen und Sänger für seine Projekte zu finden.
Später war er zudem musikalischer Leiter des Nationaltheaters und Leiter des Chorverbandes. Als solcher sammelte er isländische Volkslieder und arrangierte sie für gemischten Chor. Seine Frau Melitta, die neben ihrer Arbeit als Bildhauerin als Schriftstellerin und Bienenzüchterin tätig war, übersetzte die Volksliedtexte auf Deutsch und Englisch, wodurch sie mehrsprachig aufführbar wurden.
Im Mai 2023, anlässlich des 120. Geburtstags von Victor Urbancic, begab sich der Kammerchor des Johann-Joseph-Fux Konservatoriums Graz auf eine musikalische Spurensuche: Der Chor unter der Leitung von Franz M. Herzog reiste nach Island, um dort gemeinsam mit dem Chor der Musikhochschule Reykjavík Musik von Victor Urbancic aufzuführen.
Sibyl Urbancic, die mittlerweile 86-jährige Tochter von Victor und Melitta, begleitete das Projekt. Sie besuchte den Chor bei den Proben, half beim Erlernen der isländischen Texte und flog mit nach Island. Sibyl Urbancic ist eine begeisternde Erzählerin, und so erfahren die Sängerinnen und Sänger von ihr mehr über das Schaffen und Leben ihrer Eltern.
Regie
Stephan Herzog