Am Schauplatz
Ohne Netz
So mancher von ihnen ist ein Lebenskünstler. Billy zum Beispiel, in Liverpool geboren, in Simmering aufgewachsen und später auf der halben Welt unterwegs, oder der Herr den es zur Fremdenlegion verschlagen hat und der deshalb jetzt ohne Existenz dasteht. Kein Pass, keine Wohnung, keine Krankenversicherung. Sie alle gehören zum Patientenkreis von Monika Novy, der Ärztin vom Louise-Bus, einer fahrenden Praxis für Menschen die unterwegs sind, weil sie kein Zuhause haben. Im Louise-Bus muss man keinen Krankenschein abgeben -e-card gibt es für Sozialhilfe-Empfänger ohnehin noch nicht und das Wartezimmer ist die Straße. Schwellenangst gibt es nicht und genieren braucht sich auch keiner, selbst wenn er schon einen Schwips hat. Man ist praktisch unter sich. Der Doktor gehört schon dazu.
Seit acht Jahren kommt auch eine ältere Dame regelmäßig in den Wärmstuben der Obdachlosen vorbei. Sie passt jedem, der das möchte ein Gebiss an. Bargeld braucht man dafür keines. Wer Anspruch auf Unterstützung hat, dem stundet sie ihr Honorar. Und wer nicht versichert ist, bekommt gratis ein Gebiss. Irgendwie geht sich das fast immer aus. Beim Herrn Podpera kann man Brillen bekommen. Der Optikermeister sammelt abgelegte Sehbehelfe und passt sie kostenlos Leuten an, die sich keine Augengläser leisten können. Von der Krankenkassa bekommt man ja nichts mehr, seit der Selbstbehalt höher ist als der Preis von durchschnittlichen Brillen.
Robert Gordon war dort, wo das Soziale Netz seine Löcher zeigt und hat Menschen begleitet, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, diese mit allen Mitteln zu stopfen.