Am Schauplatz

Wenn Bauern aufgeben

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Eine Reportage über die Hintergründe warum immer mehr Bäurinnen und Bauern das Handtuch werfen.

Jedes Jahr sperren in Österreich tausende landwirtschaftliche Betriebe zu, das zeigen die jüngsten Zahlen der Statistik Austria. Derzeit gibt es noch etwa 110.000 Bauernhöfe, 2005 waren es noch 170.000. Eine Entwicklung, die auch EU-weit spürbar ist. Was bedeutet es für eine Gesellschaft, wenn es immer weniger Bauern gibt und immer weniger Lebensmittel im eigenen Land produziert werden? Am Schauplatz-Reporterin Gudrun Kampelmüller ist quer durch Österreich gefahren und hat sich angehört, warum so viele Betriebe aufgeben.

„Ich habe das Gefühl, wir werden von der Gesellschaft an den Rand gedrängt, keiner will einen Bauernhof in der Nähe, weil da ist es laut und es stinkt“, meint Karl Grill, der 30 Jahre lang Milch in Schulen und Betriebe rund um Bad Aussee geliefert hat. Demnächst wird er seine Produktion einstellen. „Das Ganze ist ein Null Geschäft“ meint er, „unsere Lebensmittel sind nichts wert“.

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Schweren Herzens hat die Lungauer Bäuerin Manuela T. ihre Milchkühe verkauft und hört mit der Biomilchproduktion auf. Ausschlaggebend war der niedrige Milchpreis und eine schwere Verletzung nach einem Unfall auf dem Hof.

Auch die Lungauer Bäuerin Manuela Tanner hat diesen Sommer mit der Milchwirtschaft aufgehört und ihre 17 Kühe verkauft. „Hunderte Jahre ist auf unserem Erbhof gemolken worden, aber ich kann nicht mehr“, erzählt die dreifache Mutter. Nach einem schweren Unfall auf dem Hof hat sie sich schweren Herzens von den Tieren getrennt.

Neben der vielen Arbeit sind es auch die extremen Wetterkapriolen, die dafür sorgen, dass viele Obstbauern ihre landwirtschaftlichen Betriebe schließen. Das zeigen die aktuellen Zahlen. Manfred Kohlfürst, der Präsident des Bundesobstbauverbandes ist besorgt, weil allein in der Steiermark in den vergangenen sieben Jahre knapp 800 Obstproduzenten aufgegeben haben. „Durch den Spätfrost, die extreme Trockenheit und die Starkregenfälle haben sich die Bedingungen im Obstbau völlig verändert“, erklärt er.

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Ein Fünftel der österreichischen Obstbauern haben in den vergangenen sieben Jahren zugesperrt. Manfred Kohlfürst, der Präsident des Bundesobstbauverbandes, spricht von einer prekären Situation.

Der häufigste Grund, warum Höfe zusperren, ist jedoch die fehlende Nachfolge, sagt Margit Fischer von der „Perspektive Landwirtschaft“. Der Verein ist eine Plattform für Menschen, die keinen Hof haben, aber gerne einen hätten und umgekehrt, für Hofbesitzer, die einen Nachfolger suchen. Online können Interessierte einen Steckbrief ausfüllen und auf die Suche gehen. Sogar „Speeddating“ bietet der Verein bei Veranstaltungen an. Bisher wurden durch diese Initiative schon an die 200 Höfe vermittelt und ein Zusperren verhindert.

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Die beiden Quereinsteiger Christina und Johannes S.. sind seit kurzem Ziegenbauern.