Am Schauplatz

Ein Sommer in der Stadt

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Eine Reportage über die vielen Facetten und Abenteuer eines Urlaubs daheim.

Wer sich den Sommerurlaub in der Ferne nicht leisten kann, freut sich bei brutalster Hitze über sein kleines Stück Grün. Ob zwischen Balkonblumen, im Schrebergarten oder am Strandufer der Alten Donau, so mancher von ihnen hatte noch nie das Vergnügen je ein Meer kennenzulernen. Am Schauplatz Reporter Ed Moschitz ist diesmal zu Besuch bei Menschen, die ihren Sommer oft schon seit Jahrzehnten in Wien verbringen.

Im Schrebergarten von Herrn Richard, 73, haben sich geschätzte 200 Gartenzwerge angesammelt. So richtig gezählt habe er die noch nie, mit dem Rechnen sei er auch aus der Übung. Sein Leben lang war er Straßenkehrer für die Gemeinde Wien. Früher, als in der Arbeit noch getrunken wurde, musste er beim Kehren oft „auf die Autofahrer aufpassen“. Sogar über die Zehen seien die ihm gefahren. Heute möchte er „nicht mehr dabei sein“, erzählt er: „Na, die Hektik, und die Oberen reden alle mit, auch wenn sie gar keine Ahnung haben.“   

41 Jahre war Frau Eva Lehrerin. In der Schule hätte es oft mit „Gsindel“ zu tun gehabt, sagt die 70-jährige: „Mach dir den Dreck selber“, musste sie sich von einem Sechsjährigen sagen lassen. Richtig schlimm sei es dann geworden, als die Kinder der Zugewanderten in die Schulen kamen. Mit ihrer Bedienerin aus Bosnien wäre sie aber seit 40 Jahren sehr zufrieden. Die putze aber nur die Wohnung, von ihrem Häuschen an der Alten Donau erzählt sie ihr nicht.

Herr Christian, 51, wird am Donau-Strandufer von vielen „Präsident“ genannt. Den Sommer habe er immer schon in der Großstadt verbracht: „Ich hab nämlich Angst vorm Fliegen“, erzählt er. Doch es gibt noch ein Problem. Weil er unlängst wegen Alkohol am Steuer erwischt wurde und die 3800-Euro-Polizeistrafe offen ist, fährt der „Präsident“ nun täglich mit einem kleinen Roller zum Strand.  

Der Kleingarten von Herrn Walter, 73, ist auf 195 Quadratmeter begrenzt, sein Haus vier mal vier Meter. Er habe nichts Größeres erwischt, ist er enttäuscht: „Wir haben ja nicht die Chancen von Politikern oder ihren Freunden“. Als Bau- und Konstruktionsschlosser hat er Jahrzehnte im Ausland gearbeitet, während seine Frau mit einem anderen Mann das Weite suchte. Heute verbringt der verspielte Bastler viel Zeit im kleinen Hobbykeller, den er ganz nach seinen Wünschen eingerichtet hat.