Der konsequente Provokateur

Aktionskünstler Flatz in der Pinakothek der Moderne

Werbung Werbung schließen

Er ließ sich minutenlang ohrfeigen, als Auslegeware betreten oder nackt mit Dartpfeilen bewerfen. Flatz versteht es zu provozieren, bis das Blut fließt - etwa als er als lebender Glockenschwengel an einem Seil, im glückseligen Walzertakt zwischen zwei Metallplatten hin und her knallte. Wolfgang Flatz, Vorarlberger Aktionskünstler hat körperliche Aggression, Täterschaft, Voyeurismus und Mitleid zu den zentralen Wahrnehmungsstrategien seiner künstlerischen Praxis gemacht, immer auf den eigenen Körper bezogen.

Flatz
ORF

Diese und andere Aktionen wie die Installation „Bodycheck“ auf der Documenta IX in Kassel, bei der sich die Besucher zwischen schweren, hängenden Boxsäcken hindurchzwängen mussten, verdeutlichen seinen Ansatz, physische und psychische Grenzen auszuloten. „Meine Kunst, das bin ich“, sagt der heute 71-jährige, der von den Medien gerne als Tabubrecher, Provokateur und Extremist tituliert wird. Mit diesen Etiketten weiß der gebürtige Dornbirner wenig anzufangen.

Aktionskunst von Wolfgang Flatz
ORF

All seine Arbeiten sind aus seinen eigenen menschlichen Erfahrungen gespeist. Für sein Diktum „Fressen Ficken Fernsehen“, mit dem er 1981 die deutsche Sättigungsmentalität in Form eines riesigen Transparents auf den Punkt bringen wollte, erntete Flatz die erhofften Zores. Als Postkarte erfreut sich sein Slogan seit mehr als vier Jahrzehnten ungebrochener Beliebtheit. Seit einem schweren Unfall vor 12 Jahren ist er „demütiger“ geworden, wie das einstige Enfant terrible heute sagt.

Wolfgang Flatz
ORF

Dass ihm als Fußgänger gerade dieser Zusammenprall mit einem Auto die Grenzen seiner Physis aufgezeigt hat, gleicht angesichts seiner Körper-Kunstgeschichte einer bitteren Ironie. 33 Knochenbrüche und lebensgefährliche Verletzungen waren die Folge. Schon 1974 sorgte Flatz, der Goldschmiedekunst, Malerei und Kunstgeschichte studiert hat, für Aufsehen, als er bei einer Modenschau in Graz mit demonstrativ verbundenen Augen in der ersten Reihe saß. Eine Reihe von Performances und Interventionen, die er „Demontagen“ nennt, brachten ihn unter anderem ins Gefängnis sowie per Einweisung in die Psychiatrie.

Wolfgang Flatz
ORF

Flatz, immer in schwarzem Leder gekleidet, meist mit cooler Fliegerbrille und einem Zigarillo im Mundwinkel, hat neben seiner großangelegten Retrospektive in der Münchner Pinakothek der Moderne seine nächste drastische Aktion vor. Am 8. Februar hat er seine sogenannten „Physical Sculptures“, die Tätowierungen auf seinem eigenen Körper samt seiner Haut versteigert.

TV-Beitrag: Markus Greussing

Links: