Die Königin der Theaterfotografie
Bei ihr ist die ganze Welt Bühne. Seit mehr als einem halben Jahrhundert hat sie die Stars der Bretter, die die Welt bedeuten in ihrem Sucher. Kaum jemand kennt die legendären Inszenierungen der letzten Jahrzehnte so gut wie Ruth Walz. Von Peter Stein bis William Kentridge, von Jeanne Moreau bis Michel Piccoli, von Bruno Ganz bis Peter Simonischek – sie alle hatte und hat die deutsche Fotografin vor der Linse.
Niemandem sonst gelinge es, die Magie des Moments so einzufangen, die vergängliche Kunstform des Theaters oder der Oper so festzuhalten wie ihr - sind sich Bühnen-Stars, wie Peter Sellars, Pierre Audi oder Robert Wilson einig. In der Riege der Theaterfotografen, die Fotos etwa für Programmhefte oder Plakatwerbung machen, genießt Ruth Walz einen absoluten Sonderstatus. Die temperamentvolle 82-jährige geht nach wie vor in berühmten Opern- und Theater-Häusern ein und aus, hat mehr oder weniger freien Zugang zu den Proben und zu den Protagonisten.
Zurzeit arbeitet sie wieder für die Salzburger Festspiele, hält etwa Christoph Marthalers Inszenierung von Verdis „Falstaff“ mit ihrer Kamera fest. Das Geheimnis ihrer Arbeit: stundenlang sitzt sie bei Proben, beobachtet genau das Treiben auf der Bühne, verfolgt akribisch die Anweisungen von Dramaturgen und Regisseuren, versucht das Szenario der Schauspieler und Sänger zu verinnerlichen. Erst am Ende eines Prozesses versucht Walz alle Eindrücke in ihre Bilder zu übersetzen.
Dabei hat sie eigentlich durch Zufall zu ihrem Beruf, der ihre Berufung wurde gefunden. Denn studiert hatte sie eigentlich Psychologie. Aus einer Not machte Walz eine Tugend. Nach einer gescheiterten Ehe musste sie für sich und ihren kleinen Sohn ihren Lebensunterhalt verdienen, dabei aber gleichzeitig genug Zeit für ihr Kind haben. Nach einer Fotoausbildung hat Walz ihren wahren Beruf gefunden. Nur wenige Jahre später wurde sie an der Schaubühne in Berlin engagiert - damals DER Hotspot für neues Theater, basisdemokratisch geführt von Peter Stein. Dort lernte sie auch ihren langjährigen Lebensgefährten Bruno Ganz kennen. “Vorhang auf“ also für Ruth Walz, der das Rupertinum in Salzburg eine umfassende Retrospektive widmet.
TV-Beitrag: Stefanie Simpkins