Zwischentöne des Nachdenkens

Festspiele in Zeiten von Krisen und Krieg

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Eine Gesellschaft im Fegefeuer, oder gar schon in der Hölle? Wie aber lässt sich das Paradies erreichen? Dantes „Göttliche Komödie“, eines der großen Menschheitswerke steht für Intendant Markus Hinterhäuser als programmatischer Leitgedanke in diesem Jahr über den Salzburger Festspielen.

Markus Hinterhäuser
Salzburger Festspiele / Franz Neumayr
Markus Hinterhäuser

Die Festspiele, ein Friedensprojekt und ein durchaus politisches - erdacht nach dem Großen Krieg, in einer Zeit, in der politisch, sozial und kulturell alles aus den Fugen geraten war. 102 Jahre nach seiner Gründung zeigt der Krieg wieder seine hässliche Fratze. Sich der Welt gerade in Zeiten von Krisen mit den Mitteln der Kunst zu stellen, um die großen Fragen der Menschheit zu verhandeln ist seit jeher Auftrag der Festspiele. Woher kommt das Böse? Ist die alte Welt am Zerbrechen? Und kann die Grausamkeit der Menschen eine Art Katharsis hervorrufen, die uns zwingt, unseren Kompass neu auszurichten?

Markus Hinterhäuser will sein Programm als tiefe Reflexion über die Conditio Humana verstanden wissen und hat in internationalen Stars wie Romeo Castellucci, Asmik Grigorian, Franz Welser-Möst, Joanna Mallwitz, Regula Mühlemann, Verena Altenberger oder Lars Eidinger hochkarätige Mitstreiter gefunden. Kultur-Chef Martin Traxl begrüßt eine hochkarätige Gästeschar zu einem „kulturMontag Spezial“ live aus dem Malersaal der Salzburger Festspiele.

Romeo Castellucci
SF/Anne Zeuner
Romeo Castellucci

Angesichts der aktuellen Weltlage sieht Markus Hinterhäuser in dem bulgarischen Schriftsteller Ilija Trojanow den idealen Festspielredner. Der 56- jährige „Weltensammler“ mit Wohnsitz in Wien begibt sich in seinen Texten immer wieder auf die Suche nach komplexen Wahrheiten und Weltsichten, bewegt sich ständig zwischen Sprachen, Kulturen und Epochen, um Wege zur Freiheit zu erkunden und zu einer humanen Übereinkunft zu gelangen.

Ilija Trojanow
ORF
Ilija Trojanow

Trojanow gilt nicht nur als einer der engagiertesten Schriftsteller seiner Generation, sondern auch als Mahner für Toleranz und Diskurs. Der Titel seiner Festspiel-Rede: „Der Ton des Krieges, die Tonarten des Friedens“. Ein allgegenwärtiges Thema, steht doch Europa vor der Aufgabe, den Frieden auf dem Kontinent wieder herzustellen und ihn langfristig zu sichern.

Ukraine-Russland Krieg
APA/AFP/Anatolii Stepanov
Zerstörtes Schulgebäude in Kramatorsk

Denn die Folgen des russischen Angriffskriegs sind längst nicht nur auf die Ukraine beschränkt. Putins Krieg verursacht massive humanitäre, ökonomische und ökologische Notlagen, nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt. Eine drohende Hungerkatastrophe, explodierende Energie – und Nahrungsmittelpreise, Düngemittelknappheit. Der Krieg fordert seine Opfer, mit einer Destabilisierung der globalen Lage ist zu rechnen. Wie ist das Verhältnis zwischen Kunst und Macht? Was kann die Kunst in Zeiten von Krisen und Krieg? Intendant Markus Hinterhäuser und Ilija Trojanow sind live zu Gast bei Martin Traxl.

In die schaurigen Erkenntnisse mischt sich zusätzlich noch eine Menschenjagd, die angeblich im Namen des Humanismus geführt wird. Eine Art „Russophobie“ macht sich in der Gesellschaft breit. Darf man ungestraft noch Tschaikowsky, Rachmaninow oder Schostakowitsch spielen, Dostojewski, Gogol oder Tschechow aufführen? Geschweige denn lebende russische Künstler engagieren? Während Valery Gergiev bereits als persona non grata gilt und Anna Netrebko, ob ihrer späten Distanzierung zu Putins Angriffskrieg sich ins Abseits der Klassikwelt katapultiert hat, steht Teodor Currentzis nach wie vor im Kreuzfeuer der Kritik.

Teodor Currentzis
Anton Zavyalov
Teodor Currentzis

Auch von dem griechischen Star-Dirigenten wird eine Abkehr von Putins Russland erwartet. Currentzis leitet in St. Petersburg das international renommierte Orchester „musicAeterna“, das von der russischen VBT-Bank finanziert wird und deren Chef, Andrei Kostin als ausgewiesener Freund Wladimir Putins gilt. Die zweitgrößte Bank Russlands gehört zu 60 Prozent dem Staat und steht auf der EU-Sanktionsliste.

TV-Beitrag: Peter Schneeberger

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