Die große Gereiztheit
Fast zwei Jahre Pandemie und kaum ein Ende in Sicht. Das Corona-Virus hat sich laut einer aktuellen Studie in mehr als 190 Ländern der Welt ausgebreitet. Fast 270 Millionen Menschen sind an der SARS Cov-2-Infektion erkrankt, die Zahl der Todesopfer beläuft sich auf rund fünf Millionen. Die große Hoffnung in der Weltgesundheitskrise: Impfungen.
Doch allein in Österreich ist rund ein Drittel der Bevölkerung dagegen. Seit Wochen demonstrieren Impfgegner, Corona-Skeptiker und jene rechtsradikalen Gruppen, die mit Judensternen versuchen, andere für ihre Sache zu missbrauchen. Ihr Widerstand gegen den Staat und seine Pandemie-Politik macht deutlich, wie aufgeheizt die Stimmung im Land ist. Während die Protestierenden selbst vor Krankenhäusern „Freiheit“ skandieren, kämpft drinnen das Gesundheitspersonal um das Leben der Covid-Patienten, erzählt der Krankenpfleger und Fotograf Günter Valda.
Sein neues Fotoprojekt nennt er „Die Gesichter der Pandemie. Kein Lächeln sichtbar“, das im März in Buchform erscheinen soll.
Hunderte Selfies von den durch die Corona-Herausforderungen gezeichneten Gesichtern hat er dafür aus den Spitälern bekommen. Verzweiflung, Wut und Angst ist darin zu sehen.
Die für 1. Februar 2022 avisierte Impfpflicht befeuert zusätzlich die zunehmende Emotionalisierung im Land. „Eine große Gereiztheit“ erkennt Bernhard Pörksen, die unsere gesellschaftlichen Auseinandersetzungen schon seit Längerem vergiftet.
„Höchste Zeit, sich auf das zu besinnen, was eine demokratische Gesellschaft stark macht: angstfreie, kritische Vielstimmigkeit. Demokratie ist kein Solostück, sondern die Leistung von vielen.“, analysiert er in seinem gleichnamigen Buch.
Der deutsche Medienwissenschaftler beobachtet die Verbreitung des Coronavirus in der Empörungsdemokratie des digitalen Zeitalters, beleuchtet die Relevanz von Wahrheit und Fakten in einer vernetzten Welt, erkennt die Wirkung von Gegenöffentlichkeit und Verschwörungstheorien als Gefahr für die Demokratie. Für ihn ist Corona ein gigantischer Zivilisationstest - sein Befund: Vernetzung heißt Verstörung.
Wie lassen sich Diskussionen und Debatten verbessern und wie kann die Kunst des Miteinander-Redens zu einer Schule der Demokratie und des guten Miteinander-Lebens werden? Dazu bat der kulturMontag auch die Innsbrucker Philosophin Marie-Luisa Frick zum Gespräch.
TV-Beitrag: Eva Maria Kaiser & Lillian Moschen