Ein nonkonformistischer Popstar

Der deutsche Fotograf Wolfgang Tillmans im Porträt

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Es ist die erste Personale über den Starfotografen Wolfgang Tillmans, die hier in Österreich gezeigt werden soll. Und die fällt gleich ins Wasser, zumindest so lange, bis der Lockdown vorüber ist. Wolfgang Tillmans hat einen genauen Blick für das Wesentliche im Unwesentlichen. In seinen Bildern versucht er die Welt zu erkennen. Unbestritten zählt der deutsche Fotograf zu den einflussreichsten Künstlern der Gegenwart.  

Wolfgang Tillmans
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Und dennoch galt er immer ein wenig als der Outcast. Tillmans ist nicht in einem Genre oder Stil greifbar, arbeitet genauso als Fotokünstler, wie als Modefotograf oder für Zeitschriften und Magazine. Und doch ist er der erste Fotograf, der als nicht-britischer Künstler den Turner Prize im Jahr 2000 verliehen bekam. Die Fotografie, das Licht-Medium, ist für ihn zur Projektionsfläche für das Ideal der Freiheit geworden.

Werk von Wolfgang Tillmanns
mumok/Wolfgang Tillmanns

Diesen Drang, seinen Blick zu weiten, hat der heute 53-Jährige offensichtlich früh verspürt. Seit seiner Schulzeit begeistert er sich für die Sternenkunde. Doch nicht jeder Hobbyastronom tauscht das Fernglas mit der Kamera, und will gar Künstler werden. Und doch beschreibt ein solcher Werdegang, wie das bildnerische Urbedürfnis, verborgene Ideen für das Auge sichtbar zu machen, seine Erfüllung in den technischen Möglichkeiten des Fotos findet, die Dinge ans Licht zu bringen.

3 Werke von Wolfgang Tillmans
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Längst ist aus dem Sternengucker eine der prägenden Persönlichkeiten des zeitgenössischen Kunstbetriebs geworden. Als Fotograf, politischer Aktivist, inzwischen auch als Musiker scheint der Wahlberliner fast überall präsent zu sein. Keine Saison vergeht ohne eine Ausstellung in den großen Museen, während ausgewählte Arbeiten auf dem Auktionsmarkt zu hohen sechsstelligen Beträgen gehandelt werden. Dabei arbeitete der Deutsche noch bis in die neunziger Jahre hinein weit abseits des Rampenlichts. Die Subkultur der Klubszenen von Hamburg oder London war sein Metier.

Foto von Jugenszene
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Es entsteht ein Panorama ausgelassenen Partylebens, ein lebendiges Panoptikum der Tabubrüche mit all seinen schillernden Protagonisten, wie beiläufig aufgenommen mitten auf den vor Schweiß dampfenden Tanzflächen. Regelmäßig erschienen seine Bilder in Magazinen wie „Spex“ oder „The Face“. Tillmans zeigt das Treiben der Jugendkultur – befreit, enthemmt, queer ein Sittenbild der überschwänglichen Frühphase der Globalisierung. Auch seine eigene Biografie ist geprägt vom Epochenwandel durch den Fall der Mauer. 1968 in Remscheid geboren, wurde Tillmans als Kind der achtziger Jahre in einem geteilten Deutschland groß.

Wolfgang Tillmans bei Hängung seiner Ausstellung

Unter dem Titel „Schall ist flüssig“ widmet ihm das Wiener MUMOK nun eine Personale. Ein umfassendes Bild über Tillmans Kunstschaffen von den frühen Jahren bis heute: frühe Fotografien aus dem popkulturellen Umfeld, das damals jungen Wilden, abstrakte Bilder, Aufnahmen einer von Globalisierung und Digitalisierung geprägten Welt sowie Fotografien, die kurz vor der Corona-Pandemie aufgenommen worden sind.

TV-Beitrag: Harald Wilde

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