Wie frei ist die Kunst?

Chinas Zensoren in Hongkongs neuem Museum M+

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Nach mehr als zehn Jahren Planung eröffnet in Honkong ein Museumsprojekt der Superlative.

Innenansicht M+
AFP / Bertha Wang

Das Museum M+, gebaut vom Schweizer Stararchitekten-Duo Herzog & de Meuron soll das Aushängeschild der Kunstmetropole werden. Das Herzstück des Hauses ist die millionenschwere Kollektion, die der Schweizer Uli Sigg gestiftet hat.

Uli Sigg vor Kunstwerken im M+ Museum in Hongkong
ORF

Sie ermöglicht einen einzigartigen Blick auf Chinas Kunstavantgarde von 1970 bis heute und schafft ein Fundament für kritische Auseinandersetzung.

„Ein Land, zwei Systeme“ – diese Regel in der chinesischen Sonderverwaltungszone, die auch der Kunst ihre Freiheit garantierte, gehört der Vergangenheit an. Mit dem sogenannten Sicherheitsgesetz, das Festlandchina über die Köpfe der Hongkonger Regierung hinweg implementierte, grassiert nun die Selbstzensur. Künstler hüten sich heute, die Aufmerksamkeit der Obrigkeit auf sich zu ziehen. Einige haben die Stadt verlassen. Vorauseilenden Gehorsam üben nun aber bereits auch die Hongkonger Institutionen. Der Willkür der Staatsmacht ist jeder und jede ausgeliefert.

Ai Weiwei
AFP / justin Tallis

So bereits geschehen im Fall des in China als Persona non grata geltenden Starkünstlers Ai Weiwei: eines seiner Werke in der Sammlung Uli Sigg hat dazu geführt, dass diese in Hongkong zwischen die politischen Fronten geraten ist. Im Fokus steht Ai Weiweis 1997 entstandene Fotografie „Study of Perspective: Tian’anmen“, auf der Ai seinen Mittelfinger in Richtung des Tors des Himmlischen Friedens ausstreckt. Außer Acht blieb dabei, dass das Foto zu einer Serie gehört, in der der Künstler seinen Protest auch gegen andere Machtzentren der Welt wie etwa das Weiße Haus in Washington oder den Reichstag in Berlin richtet. Zu heiß für die Hongkonger Kuratoren - in der Eröffnungsausstellung wird Ai Weiweis inkriminiertes Werk nicht zu sehen sein. Pekings langer Arm soll jetzt auch noch verlängert werden. Schließlich tagt in Peking seit Montag das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei, um Xi Jinpings Macht weiter zu zementieren.

Xi Jinping
AFP / Noel Celis

Voraussichtlich wird der Staatschef eine dritte Amtszeit anstreben oder gar auf Lebenszeit regieren. Er verweist dabei auf seine Erfolge. Etwa die Niederschlagung der Demokratiebewegung in Hongkong von 2019, eine, in Pekings Augen, vom Ausland initiierte Rebellion. Oder der vermeintliche Sieg über das Coronavirus, in dem sich aus Sicht der Partei die Überlegenheit des chinesischen Systems gegenüber den westlichen Demokratien manifestiert. Das Narrativ Xis lautet: Unter Mao sei China aufgestanden, unter Deng Xiaoping sei es reich geworden, und unter ihm selbst werde es stark werden. „Xi Jinping - der mächtigste Mann der Welt“ nennt Stefan Aust, Journalist und Herausgeber der „Welt“, sein neues Buch über Xi Jinping. Gemeinsam mit dem jahrelangen China-Korrespondenten Adrian Geiges liefert er mit der Biografie eine exzellente Analyse über Macht, Personenkult und Alleinherrschaft.

Cover „Xi Jinping - der mächtigste Mann der Welt“
Piper

In akribischen Recherchen sezieren die Autoren das brillant inszenierte Image eines Politikers, der der Autokratie China das Gesicht einer weltoffenen Nation verleihen will – und damit durchkommt.

Stefan Aust ist live zu Gast im Studio.

TV-Beitrag: Stefan Zucker

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