Der Homer der Katzen
Er ist wohl einer der begnadetsten Fabulierer des Landes. In seinem neuen, fast 1000 Seiten starken Roman wirft Michael Köhlmeier einen fantasievoll-philosophischen Blick auf Episoden der Weltgeschichte. Als reisender Zeitzeuge quer durch die Jahrhunderte dient ihm dabei ein Kater namens „Matou“.
Kupferrot, cool und vor allem klug, hat er sich doch die menschliche Sprache in Wort und Schrift angeeignet und streunt mit seinen sieben Leben ausgestattet durch die Geschichte der Aufklärung, von der Französischen Revolution bis heute. Schon am Anfang seiner Abenteuer geht es ziemlich blutrünstig zu, die Köpfe rollen von Danton & Co, die den Terror von Maximilien Robespierre anprangern.
Monsieur Matou trifft auf prominente Gesprächspartner wie den Dichter E.T.A. Hoffmann, den Pop-Artisten Andy Warhol oder den Wissenschaftler Noam Chomsky. Mit ihnen diskutiert der bildungssüchtige Vierbeiner uralte Menschheitsfragen über Sinn und Sein und unternimmt dabei wunderbare Streifzüge durch die Literatur- und Philosophiegeschichte.
Der 71- jährige Vorarlberger Schriftsteller offenbart in seinem neuen Roman seine satirischen Qualitäten. Matou bestellt sich im Internet Wärmekissen und Leselampe, debattiert mit Susan Sontag und William S. Burroughs die Frage, ob Gott eine Metapher ist oder liefert den einen oder anderen Schelmenstreich als er zum Beispiel in Salzburg als gestiefelter Kater einen Juwelier überfällt. Dabei ist das Tier, das zwar wie ein Mensch sein, aber weiter wie eine Katze aussehen will, ganz und gar nicht harmlos. Dem einen Herrchen rät er, seine untreue Freundin grausam zu töten, auf der Katzeninsel Hydra agiert er als Diktator und im Belgisch-Kongo unternimmt er als Leopard einen brutalen Rachefeldzug gegen die Kolonialherren. Bestialischer als das Tier ist nur der Mensch, lautet Matous Erkenntnis, und Michael Köhlmeier bringt jede Menge Belege dafür.
Ein unterhaltsames Mammutwerk über die großen und kleinen Gemeinheiten der Menschen. Der Schriftsteller ist live zu Gast im Studio.
TV-Beitrag: Imogena Doderer