Individuum versus Kollektiv

Ist Demokratie eine humanistische Utopie?

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Intendant Markus Hinterhäuser hat die Salzburger Festspiele zu einem „Epizentrum des Besonderen“ ausgerufen. Er hat zum 100-Jahre-Jubiläum gemeinsam mit dem Aufsichtsrat und dem Kuratorium ein Memorandum verfasst, was Festspiele ausmacht und welchen Auftrag sie zu erfüllen haben.

Markus Hinterhäuser
Salzburger Festspiele / Franz Neumayr
Markus Hinterhäuser

Was kann Kunst bewirken in einer Zeit, in der so viele ratlos sind? „Kunst ist keine Ersatztherapie, auch kein Eskapismus. Was die Kunst und das Nachdenken über bestimmte Werke allerdings möglich machen, ist die Öffnung eines Resonanzraumes in uns selbst. Das hat auch, um Gustave Flaubert zu zitieren, mit einer „Erziehung des Herzens" zu tun“, ist Markus Hinterhäuser überzeugt. „Wir leben in einer Welt, die frei von jedem metaphysischen Geheimnis ist und sich auch immer weiter davon entfernt. Die Kunst kann einem das zurückgeben. Das ist unschätzbar. Aber es gibt auch einen anderen Aspekt, und das ist die Zusammenkunft von Menschen. Diese Zusammenkunft ist in vielerlei Hinsicht wichtig, faszinierend und notwendig.“

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Rund ein Jahr lang war unsere Gesellschaft stillgelegt, das Individuum auf sich selbst zurückgeworfen, die Spannungen zwischen den beiden Extremen von Individualität und Kollektivität während der Pandemie augenscheinlich. Die von wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen begleitete Corona-Krise hat das Phänomen der Ungleichheit zwar nicht hervorgebracht, aber deutlicher sichtbar gemacht und weiter verschärft.

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Weil die Pandemie als ökonomischer, sozialer und politischer Spaltpilz wirkte, legte sie auch lange verschüttete Klassenstrukturen offen. „Corona ist der Stresstest für unsere Demokratie. In der Krise wächst die Sehnsucht nach autoritärer Führung“, warnt der deutsche Philosoph Julian Nida-Rümelin. „Ohne Konsens keine kollektive Autonomie, ohne kollektive Autonomie keine Demokratie, ohne wechselseitige Anerkennung von Gleichheit und Freiheit keine Demokratie als Staatsform. Und ohne die Leitkultur des Humanismus gibt es keine Demokratie als Lebensform.“, schreibt der Philosoph in seinem politischen Traktat „Die gefährdete Rationalität der Demokratie“. Nida-Rümelin ortet in der Globalisierung und im Liberalismus die Gefahren für den Niedergang für liberale, soziale Demokratien.

Markus Hinterhäuser hat den ehemaligen Kulturminister und Philosophen als Festredner bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele gewinnen können. Titel seiner Rede: „Eine humanistische Utopie“. Julian Nida-Rümelin ist live zu Gast.

TV-Bericht: Katharina Huemer

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