Zwischen Himmel und Erde
Der Aufenthalt im Freien zwischen Himmel und Erde ist eine Sehnsucht, die die Menschen von der Antike bis heute in schwindelnde Höhen treibt.

In Wien orientierte sich das Kaiserhaus an der italienischen Renaissance. Auf dem Dach der Hofburg wurde ein Glashaus samt Dachgarten errichtet, und selbst das Jagdschloss Schönbrunn hatte in seiner ursprünglichen Form ein Flachdach. Die Dächer dieser Gebäude hielten den Witterungsverhältnissen noch nicht stand, aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts sollten Architekten wie Otto Wagner, Adolf Loos und Josef Hoffmann Villen errichten, die eine neue Zeit in der Baugeschichte des Landes einläuteten. Häuser in kubischen Formen, mit Terrassen und begehbaren Flachdächern waren ein Symbol der Moderne.

Der Geschichte der Flachdächer, Dachterrassen und Dachgärten hat die Kunsthistorikerin und Professorin für Gartenkunstgeschichte an der TU Wien, Eva Berger ein Buch gewidmet.

Waren es zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Themen Luft, Licht, Sonne die die Menschen auf die Dächer lockte, ist heute in Zeiten des Klimawandels ein ganz anderes Thema von Bedeutung. Begrünte Dächer und Fassaden tragen zur Kühlung des Gebäudes, der Umgebung und zur Biodiversität bei.

Ein Paradies für Mensch und Tier. Jedes zweite Flachdach sollte in Wien im Neubau begrünt werden, meint Susanne Formanek von Innovationslabor Grünstattgrau.

Die Expertin für Bauwerksbegrünung ortet in begrünten Dächern auch die Chance für neue „green jobs“. Vom Planer bis zum Gärtner – ein Branche mit hohem Wachstumspotential tut sich da auf.

Die Umgebungstemperatur um 1,5 Grad kühlt der Neubau eines schwedischen Möbelherstellers nahe dem Wiener Westbahnhof. In meterhohen High-Tech-Töpfen, ausgestattet mit Sensoren und einem Bewässerungssystem wachsen hier 160 Bäume. Von der Kirsche bis zur Tanne kühlen und beschatten die Pflanzen die Terrassen und die öffentliche Zone am Dach. Als guten Nachbar, bezeichnet Jakob Dunkl vom Architekturbüro Querkraft das Projekt, das im Früh-Herbst eröffnet werden soll.
TV-Bericht: Nicola Eller