
Dok 1
Nicht vor meinem Haus! Der Streit um Schiene, Straße, Strom
Großprojekte wie Hochspannungsleitungen, Schnellstraßen oder Windparks sorgen regelmäßig für Konflikte. Während die Gesellschaft als Ganzes davon profitieren soll, müssen dabei einzelne - etwa betroffene Anrainerinnen und Anrainer - den Preis dafür zahlen.

Martin Thür spricht mit Betroffenen, Projektbetreibern, UmweltschützerInnen und der Politik. Wie geht es Menschen, die sich angesichts von Großprojekten in ihrer Nachbarschaft ohnmächtig fühlen? Und: Gibt es bei infrastrukturellen Vorhaben zwangsläufig Gewinner und Verlierer?

Für Martin Thür geht es zu Beginn seiner Reise zurück in seine Heimat. Südlich von St. Pölten tobt seit Jahrzehnten ein Streit über den Bau der Schnellstraße S34.

Sie soll der stark befahrenen B20 eine Entlastung bieten, und während Anrainer der B20 ebendiese Entlastung herbeisehnen, fürchten sich Landwirtinnen und Landwirte um Umwelt und ihre Äcker – denn die S34 würde quer durch die Felder führen.

In Tirol will er herausfinden, warum man hier noch kein einziges Windrad aufgestellt hat. Im Wipptal, südlich von Innsbruck, wird aber nun genau das geplant.
Erste Windmessungen am Gleinser Rücken versetzten Projektgegner in Alarmbereitschaft. Gegen Windkraft ist hier zwar niemand, aber: Bitte nicht hier, in einer Region, die ohnehin bereits von Transitverkehr geplant ist.

Doch auch in Tirol gibt es sie, die Befürworter. Ganz Vorneweg ÖVP-Nationalratsabgeordneter Franz Hörl. Er hat Hanno Settele vor Jahren schon gesagt, dass das nächste Windrad in Kürze kommt. Bislang ist dies aber noch nicht wahr geworden. Martin Thür will nun wissen, warum.

Ein paar Täler entfernt soll das Kraftwerk Kaunertal ausgebaut werden: Ein gewaltiger Staudamm soll im Platzertal entstehen. Dafür muss dieses jedoch geflutet werden. Teile der Bevölkerung sind dagegen – die TIWAG (Tiroler Wasserkraft AG) sieht aber keine Alternative für den Standort.

Wer erneuerbare Energie sagt, muss auch Netzausbau sagen: In Kärnten führt das zu heftigem Widerstand gegen eine geplante 380kV-Leitung, die quer durch das Land führen soll. Müssen hier wenige für das Interesse vieler zurückstecken? Anrainerinnen und Anrainer fühlen sich jedenfalls machtlos und kündigen – nach dem Motto „Nicht vor meinem Haus“ - Widerstand an.

Was wiegt also mehr? Das, was eine Gesellschaft als Gesamtes braucht, oder die Interessen der Anwohner? Wer bestimmt darüber, vor wessen Haus ein Windrad, eine Straße oder ein Stausee entsteht? Und: Schafft man es, Kompromisse zu finden, oder hat am Ende immer jemand ein Bummerl?

Gast-Host Martin Thür führt durch eine Dok 1 über die schwierigen Balanceakte bei Großprojekten.