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Nichts geht mehr: Sieben Tage ohne Strom

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Hanno Settele zeigt, was ein Blackout für uns bedeuten würde.

Hanno Settele will es wissen: Was passiert, wenn es im ganzen Land plötzlich dunkel wird? Für Dok 1 wagt er das Experiment und spielt den Ernstfall durch: Eine Woche Blackout. Am Montag gehen in seiner Wohnung die Lichter aus, es folgen Tage ohne Versorgung mit Lebensmitteln, ohne Schutz durch Rettungsdienste, ohne funktionierende Infrastrukturen, viele Stunden der psychischen Ausnahmesituationen, der Einsamkeit und sechs Nächte der Finsternis. Am Sonntag, als die Gesellschaft kurz vorm Kollaps steht, kommt der Strom aber zum Glück wieder zurück.

Als Journalist protokolliert er seine Erlebnisse in einem Videotagebuch. Eine Stromquelle für seine Handykamera liefert ihm ein Twitter-Bekannter aus Vorarlberg, der Student und Neo-Wiener Maxl Werner: Power-Banks, DIE heiße Ware während eines Blackouts.

Maximilian Werner und Hanno Settele sitzen auf roten Sesseln nebeneinander und schauen einander an.
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Hanno Settele spielt mit seinem Vorarlberger Freund Maximilian Werner 7 Tage Blackout in Wien durch.

Zum Glück ist ein 7-Tages-Blackout nur ein Gedankenspiel, an dem Hanno Settele das Dok 1-Publikum teilhaben lässt. Aber es ist eines, aus dem sehr bald Realität werden kann. Europaweit sind sich Expert_innen nämlich einig - es ist nicht die Frage ob ein Blackout kommt, sondern wann. Und dieses “wann” liegt näher, als uns allen lieb ist.

Laut einer Einschätzung der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge ist mit einem europaweiten Netzausfall bereits in den nächsten Jahren zu rechnen, laut Österreichischem Bundesheer ist der Eintritt eines solchen Katastrophenfalls bis 2025 sehr wahrscheinlich. Es ist also ähnlich wie mit der Pandemie: Man wusste, dass eine kommen wird, Warnungen und Notfallpläne waren vorhanden - so richtig vorstellen konnte sich das Ganze aber kaum jemand. Auf den Ernstfall vorbereitet waren weder die Bürger_innen noch die Regierung.

Gerhard Christiner und Hanno Settele sitzen sich an einem schwarzen Tisch gegenüber und schauen in die Kamera.
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Hanno Settele und der Vorstand von Austrian Power Grid DI Mag. Gerhard Christiner.

Ein Blackout, in das man sehenden Auges schlittert, hätte aber noch gravierendere Auswirkungen als die einer Pandemie, zumindest kurzfristig. Abgesehen von den immensen gesundheitlichen und sozialen Schäden, mit denen man innerhalb kürzester Zeit rechnen müsste, wäre ein Blackout auch eine volkswirtschaftliche Katastrophe: Ein großflächiger Stromausfall würde Österreich 1,8 Milliarden Euro kosten - pro Tag! Im Vergleich dazu wirkt die Corona-Krise mit im Schnitt 100 Millionen Euro pro Tag Lockdown fast harmlos. Ein Blackout ist also von allen annehmbaren Notfällen der teuerste.

Wie nah uns ein Blackout ist, wurde uns vor ein paar Monaten demonstriert: Um Haaresbreite schrammte Europa am 8. Jänner an einem vorbei. Ein überlastetes Umspannwerk hat damals fast am gesamten Kontinent das Licht ausgehen lassen. Auf die Notfallmechanismen war aber - diesmal noch - Verlass.

Generalmajor Peter Skorsch steht neben Hanno Settele vor einem grauen Vorhang.
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Hanno Settele im Gespräch mit Generalmajor Peter Skorsch vom BMI zur Rolle des Innenministeriums im Falle eines Blackouts.

Die Ursachen für ein mögliches Blackout können unterschiedlich sein: Ein (auch in Österreich) überaltertes Stromnetz, der schmale Grat zwischen Stromverbrauch und Stromproduktion, der das ganze System zum Kollaps bringen kann, wenn zu viel oder zu wenig Strom produziert wird, Cyberattacken und Terroranschläge, geomagnetische Stürme, menschliches Versagen in einem komplexen, europaweit vernetzen Geflecht aus Angebot und Nachfrage und Naturkatastrophen: Schwere Gewitter, Überschwemmungen oder Stürme, große Kälte, extreme Hitze und heftige Schneefälle können das Netz beschädigen. In einem Jahr, in dem wir die Klimakrise spüren wie kaum jemals zuvor, sind das keine guten Aussichten.

Frau Dr. Johanna Ullrich sitzt Hanno Settele an einem schwarzen Tisch gegenüber, sie blicken in die Kamera.
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Welche Gefahr für das Stromnetz von Hackern ausgehen kann, erläutert Dr. Johanna Ullrich, Forscherin für Informationssicherheit & kritische Infrastrukturen.

Wie lange hält eine Gesellschaft einen flächendeckenden Stromausfall aus? Manche Expert_innen fürchten einen Zusammenbruch bereits nach vier Tagen. Offiziellen Empfehlungen nach sollen sich sich alle Menschen auf einen Ausfall der Versorgung für sieben bis vierzehn Tage vorbereiten: Mit Nahrungsmitteln, Wasser, Batterien und Medikamenten. Doch nur wenige würden mit ihren Vorräten eine Woche lang durchkommen - und auf manche Dinge kann man sich als Privatperson gar nicht einstellen.

Hanno Settele im Gespräch mit Robert Nagele, dem Vorstand von BILLA, in einer großen Lieferhalle.
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Hanno Settele mit Robert Nagele, dem Vorstand von BILLA.

Menschen bleiben in Aufzügen stecken, die Handynetze fallen aus, in den Ställen verenden Milchkühe unter qualvollen Schmerzen, da sie nicht mehr gemolken werden können, in den Krankenhäusern endet die Notstromversorgung nach drei Tagen, Bewohner_innen von Alten- und Pflegeheimen sind auf sich alleine gestellt, das Bargeld geht aus und damit die Möglichkeit, in den nur wenige Tage mit Produkten versorgten Lebensmittelgeschäften oder Apotheken einzukaufen, Zapfhähne an Tankstellen funktionieren nicht mehr, Kläranlagen versagen und nach und nach erlischt die Solidarität zwischen Nachbar_innen, die sich in den ersten Tagen noch gegenseitig geholfen haben.

Jörg Simonitsch, der technische Direktor des AKH, im Gespräch mit Hanno Settele.
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Jörg Simonitsch, der technische Direktor des AKH, im Gespräch mit Hanno Settele.

Der Überlebensinstinkt setzt ein. Kein Wunder, denn während sich der Beginn des Blackouts noch ziemlich unproblematisch anfühlen wird, werden die Auswirkungen eines Stromausfalls mit jeder Stunde exponentiell ansteigen. Und Pandemie sei dank wissen wir heute ja alle, was exponentiell bedeutet - nichts Gutes. Nur geht es bei einem Blackout nicht um Tage oder Wochen, sondern um Stunden: Mit jeder Stunde eines Ausfalls werden sich die Auswirkungen verdoppeln. So wird es auch mit jeder weiteren Stunde schwieriger, wieder zu einer Normalität zurückzukehren.

Schlittert Österreich also offenen Auges in die nächste Katastrophe? Ist nach der Pandemie vorm Blackout? Was passiert, wenn es passiert und wie gut sind wir auf diesen Ernstfall vorbereitet? Im Gespräch mit Expert_innen - bei denen, die ein Funktionieren der Gesellschaft und des Staates im Fall der Fälle garantieren sollen - und am eigenen Leib geht Hanno Settele diesen Fragen nach - in „Nichts geht mehr - 7 Tage ohne Strom“.