Die Antibiotika-Krise
Mehr als 1,2 Millionen Menschen weltweit starben Schätzungen zufolge 2019 an Infektionen durch multiresistente Keime. Erreger, die gegen sämtliche verfügbare Antibiotika resistent sind. Laut Studien könnte diese Zahl bis 2050 auf zehn Millionen Tote jährlich steigen.
Die Weltgesundheitsorganisation hat Antibiotikaresistenzen zu einer der zehn größten Bedrohungen für die globale Gesundheit erklärt. Wir steuern auf ein postantibiotisches Zeitalter zu, in dem uns Medikamente nicht mehr gegen Infektionen schützen können.
Dass resistente Keime rasant zunehmen, ist eine Folge unseres sorglosen Umgangs mit den lebensrettenden Medikamenten. In der Humanmedizin, aber auch in der Tiermast.
Warum werden völlig gesunden Hühnern oder Schweinen massenhaft Antibiotika ins Futter gemischt? Ein Grund dafür seien Ertragssteigerungen durch schnelleres Wachstum der Tiere, meint die US-Wissenschaftsjournalistin Maryn McKenna. Ein anderer Grund sei, dass die Medikamente verabreicht werden, um möglichen Krankheiten vorzubeugen. 2016 kamen achtzig Prozent aller in den USA verabreichten Antibiotika in der Tiermast zum Einsatz.
Sogenannte Reserveantibiotika, die nur in besonders schweren Fällen eingesetzt werden, sollten laut WHO der Behandlung von Menschen vorbehalten sein - einige davon werden aber etwa in Deutschland und Österreich nach wie vor auch Tieren verabreicht.
Dazu kommt, dass sich namhafte Pharmakonzerne immer öfter aus der Antibiotika-Forschung zurückziehen, weil hohe Entwicklungskosten und zunehmende Resistenzen auch bei neuen Antibiotika ihr Geschäft zusehends unrentabel machen.
Eine Welt ohne Antibiotika würde sich deutlich von der unterscheiden, in der wir heute leben: Wie im 19. Jahrhundert würden massenweise Menschen an einfachsten Infektionen sterben, lebensrettende Operationen und die Behandlung schwerer Krankheiten wären wegen der Folgerisiken kaum mehr durchführbar.
Ein Fall aus den USA sorgte 2016 für Schlagzeilen: Eine Patientin wurde mit einer Blutvergiftung ins Krankenhaus von Reno, Nevada eingeliefert. Sie hatte sich während eines Spitalsaufenthalt in Indien mit dem hochresistenten Klebsiella pneumoniae-Bakterium infiziert. Es war gegen alle 26 in den USA zugelassenen Antibiotika resistent. Die ÄrztInnen konnten der Frau nicht mehr helfen. Sie verstarb.
Die preisgekrönte Dokumentation von Regisseur Michael Wech begibt sich weltweit auf Spurensuche nach Gründen und Lösungen für die Krise und belegt schonungslos die globalen Zusammenhänge, die zu einer immer rasanteren Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen führen. Zu Wort kommen ÄrztInnen, MolekularbiologInnen, HistorikerInnen und PatientInnen aus den USA, Deutschland, Vietnam, Bangladesch, Großbritannien und der Schweiz.
Regie
Michael Wech
Drehbuch
Michael Wech
Kamera
Johannes Imdahl
Sven Kiesche
Musik
Andreas Lucas