Universum

Europas letzte Nomaden

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Fünf europäische Naturräume, die kontrastreicher nicht sein könnten.

Rumäniens Waldkarpaten, die heiße Steppe Spaniens, die romantische Inselwelt an der Küste von Wales, die mediterranen Bergzüge im Süden Frankreichs, die alpinen Welten Tirols: Gernot Lerchers „Universum“-Dokumentation über „Europas letzte Nomaden“ vereint diese Regionen in einem Film, denn sie alle haben eines gemeinsam: Die Fernweidewirtschaft, Transhumanz genannt, bestimmt den Rhythmus ihres Lebens. Europas letzte Nomaden sind Wanderhirten, die mit riesigen Schaf- und Rinderherden oft Hunderte Kilometer durchs Land ziehen, um von Winterweide zu Sommerweide – und wieder zurück – zu kommen. Auf alten Wegen, dem Wechsel der Jahreszeiten und den Spuren vieler Generationen folgend. Flora und Fauna entlang der über Jahrhunderte genutzten Wege profitieren von den Tierherden, die zweimal pro Jahr durchziehen. Zum einen kommt regelmäßig Dung in den Boden, zum anderen wird die Verbuschung ganzer Landstriche verhindert, Samenkörner werden in Kot und Fell transportiert, um an neuen Orten gedeihen zu können.

 

In Frankreich haben die Gänsegeier ihren großen Auftritt. In den Cevennen hat sich mittlerweile eine der größten Geierkolonien Europas etabliert. Die große Zeit der Gänsegeier kommt im Juni, wenn die Wanderhirten Südfrankreichs ihre Schafherden aus den trockenen Ebenen an der Mittelmeerküste auf die Hochweiden der Cevennen treiben. Zehn Tage dauert diese Wanderung über sogenannte Triftwege, die sich seit Jahrhunderten in den Berg gegraben haben. Stürzt ein Schaf ab oder erliegt es dem Biss einer Giftschlange, sind die Geier rasch zur Stelle.

 

Ein Hirte mit Peitsche im Bildvordergrund, eine große Schafherde hinter ihm füllt einen waldgesäumten Weg. Die Schafe tragen rote, blaue und grüne Zeichen. Ein Schaf im Vordergrund hat einen blauen Anker am Fell und trägt eine Glocke.
ORF/Interspot Film/Gernot Lercher
Hirte mit riesiger Herde auf Triftweg (franz. Draille) nach Col Salides im Nationalpark der Cevennen.

In den Maramureș, der ursprünglichsten und zugleich ärmsten Region Rumäniens, glaubt man sich zurückversetzt in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Das offene Feuer ersetzt die Energiesparlampe, die Hirten rühren den Käse selbst.

Zwei Hirten mit Stöcken mit ihrer Schafherde auf einer Wiese. Grüne Hügel im Hintergrund, viel blauer Himmel mit leichten Schleierwolken.
ORF/Interspot Film/Gernot Lercher
Hirten mit ihrer Herde unterwegs auf den Hügeln der Maramures. Der Bergkamm im Hintergrund bildet die Grenze zur Ukraine.

Der Wolf ist in der Grenzregion zur Ukraine eine permanente Bedrohung für die Schafe: 3.000 Wölfe streifen – noch unbehelligt – durch Rumänien. So viele wie nirgendwo sonst am Kontinent.

 

Zwei Wölfe in einer Wiese fressen an einem Schaf. Von dem Schaf ist nicht mehr viel übrig.
ORF/Interspot Film/Gernot Lercher
Wölfe fressen ein Schaf, das sie zuvor gerissen haben. In Rumänien gibt es 3.000 Wölfe, so viele wie sonst nirgendwo in Europa.

In den Ötztaler Alpen bleibt Hirten wie Schafen bei der Wanderung über den Similaunpass nur ein schmaler Pfad im Schnee. Jeder Fehltritt kann tödlich sein. Trotzdem wollen die Südtiroler die 500 Jahre alten Weiderechte in Nordtirol nicht aufgeben. Bis weit über 3.000 Meter Seehöhe grasen die Schafe – und dringen damit ins Revier des Steinadlers vor.

 

Schafhirten mit Hunden und Schafherde im Hochgebirge.
ORF/Interspot Film/Hans-Peter Steiner

In Wales gibt es dreimal so viele Schafe wie Menschen – neun Millionen. Dieses Mensch-Schaf-Verhältnis ist einzigartig in Europa. So wie das Tierleben auf Bardsey Island, einer kleinen Insel in der Irischen See. Sie ist nicht nur das Zuhause einer der größten Kegelrobbenkolonien Großbritanniens, auf ihr grasen auch 300 Schafe. Nur weil sie das Gras stutzen, können seltene Vogelarten wie die Alpenkrähe, der Zilpzalp oder der Steinschmätzer Insekten und Würmer aus dem Boden picken.

 

Wenn die 800 Rinder von Alicia Chico über die mittelalterlichen Triftwege von Andalusien aus auf die Hochweiden im Nordosten Cuencas getrieben werden, glaubt man sich im Wilden Westen Amerikas. Es ist ein grandioses Schauspiel, das Spaniens letzte Cowboys, die Vaqueros, bieten. Tatsächlich ist dieses Spektakel aber eine Flucht vor Hitze und Trockenheit, 25 Tage lang und 500 Kilometer weit. Die meisten Farmer Andalusiens transportieren ihre Rinder mittlerweile mit dem Lkw.

 

Vaquero (Cowboy) auf weißem Pferd vor einer Herde dunkler Kühe reitend. Dahinter die Landschaft von La Mancha, flache Berge am Horizont, viel blauer Himmel.
ORF/Interspot Film/Gernot Lercher
Vaquero (Cowboy) vor Herde reitend. Dahinter die Landschaft von La Mancha.

„Ich hatte das Glück, in all den Ländern mit den Besten ihres Fachs arbeiten zu dürfen. Ein durch und durch europäischer Film, vor und hinter der Kamera“, resümiert Gernot Lercher nach 80 Drehtagen im Lauf von eineinhalb Jahren. „Europas letzte Nomaden“ wurde von der Interspot Film in Zusammenarbeit mit Kwanza, Cwmni Da und Grupo Ganga für ORF, ORF-Enterprise, France 2 und S4C produziert. Gefördert wurde der Film vom Fernsehfonds Austria und Creative Europe – MEDIA.

Audiodeskription gefördert von VGR GmbH.

Gestaltung

Gernot Lercher