Schweine an die Macht

George Orwells Kultfabel „Animal Farm“ an der Wiener Staatsoper

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Verstörende Laute dringen zurzeit aus den hehren Hallen des „hohen Cs“, hört man doch Koloratur-Wiehern, Sopran-Meckern oder gar Bass-Gegrunze. Was ist los im Haus am Ring? Singende Tiere haben sich in der Wiener Staatsoper breit gemacht und vertreiben ihren brutalen Besitzer. Die Schweine übernehmen die Macht und errichten ein Terrorregime. George Orwells Weltbestseller „Animal Farm“ wird auf die Bühne gebracht.

Szenenbild "Animal Farm"
Dutch National Opera / Ruth Walz

Die zündende Idee zu dieser Revolution, die ihre Kinder frisst, hatte Regisseur Damiano Michieletto. In der politischen Fabel, die Orwell 1945 veröffentlichte, erforschen und kritisieren vermenschlichte Tiere die Natur der politischen Macht und Korruption. Seine Erfahrungen im spanischen Bürgerkrieg brachten den Schriftsteller zu der Erkenntnis, dass jeder totalitäre „Ismus“ sich letztlich auf Propagandalügen stütze, die man als Grundübel bekämpfen müsse.

Szenenbild "Animal Farm"
Dutch National Opera / Ruth Walz

In „Animal Farm“, die zu seinem literarisch größten Erfolg werden sollte, stellte er den Stalinismus an den Pranger. Es ist die Macht an sich - ihre Eroberung, ihre Bewahrung, ihre Rituale und ihre Paranoia, die der italienische Regisseur thematisieren will. Einen kongenialen Partner für diese Oper hat Michieletto in dem russischen Komponisten Alexander Raskatov gefunden.

Alexander Raskatov
ORF

Der Komponist kannte die Story nur dem Namen nach, denn in Russland fiel das Buch unter die Zensur. „Orwells Warnung sei historisch noch lange nicht abgefrühstückt, im Gegenteil. Heute seien wieder jede Menge alte „Ismen“ unterwegs und neue aggressive Weltanschauungen wachsen nach im Netz. Sie alle berufen sich auf Fakes, verbreiten alleinseligmachende „Wahrheiten“, ist Alexander Raskatov überzeugt. Geboren wurde der 70-jährige in der Sowjetunion, sein Großvater landete im Gulag und hat ihn überlebt.

Orchesterprobe
ORF

Witz, Charme und eine unglaubliche Selbstironie legt Raskatov in seiner vierten Oper an den Tag und steht damit in der Tradition der politischen Satire eines Rimski-Korsakow oder Schostakowitsch. Anfang der 1990er Jahre kehrte er der Sowjetunion den Rücken, zu chaotisch, zu unsicher, ein für ihn zerfallendes Land. Heute lebt er nach Jahren in Deutschland in Frankreich.

Der kulturMontag bringt erste Einblicke in seine „Animal Farm“, die schon im Vorjahr in Amsterdam bei der Uraufführung für standing ovations und fulminante Kritiken sorgte.

TV-Beitrag: Barbara Pichler-Hausegger

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