Zeitkritischer Appell
Während Vermeers „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ im vergangenen Herbst in den Niederlanden zum Ziel einer Attacke der Klimaaktivisten wurde, ist seine Kunst als mahnende Kritik am Umgang mit der Erde zu verstehen.
Der schweizerisch-französische Künstler Julian Charrière ist ein Naturbursch, der sich Kopfzerbrechen macht über den Zustand und die Zukunft unseres Planeten. Er ist ein charismatischer Spurensucher, der zwischen Kunst, Wissenschaft oszilliert. Der 35-Jährige, der in Berlin ein Atelier betreibt und bei Olafur Elíasson studiert hat, zieht lustvoll dorthin, wo es brennt: zu den schmelzenden Polkappen, atomar verstrahlten Atollen oder umweltschädlichen Palmöl-Plantagen.
Seine Beurteilung der herrschenden Verhältnisse kommt ohne Zahlenwerk und wissenschaftliche Ausführungen aus. Charrière setzt nicht auf Betroffenheit durch besorgniserregende Daten, Fakten oder Interviews mit Leidtragenden oder Fachleuten, wie es für gesellschaftspolitische Kunst heute üblich ist, sondern allein auf die ästhetische Überwältigungskraft seiner Installationen, Fotos und Videos. Erst bei näherer Betrachtung geben sie ihre beunruhigenden Geheimnisse preis.
Frei nach Rainer Maria Rilkes geflügeltem Wort, dass „das Schöne nichts als des Schrecklichen Anfang“ sei, präsentiert er etwa die Kraft des Feuers, das Energie freisetzt, dem Boden Nährstoffe zufügt, aber auch Zerstörung anrichtet und buchstäblich den Klimawandel, die Energiekrise und andere Umweltkatastrophen steht. Die „Langen Foundation“ in Neuss bei Düsseldorf zeigt derzeit eine Werkschau des Künstlers mit dem programmatischen Titel „Controlled Burn“.
Der kulturMontag hat den künstlerischen Umweltaktivisten in seinem Studio in der alten Malzfabrik in Berlin-Schöneberg und bei seiner Schau in Neuss getroffen.
TV-Beitrag: Markus Greussing