Idole & Rivalen im KHM
Wettbewerbe scheinen ein Grundmuster der Gegenwart – alles kann heute plötzlich zur Challenge oder zum Contest werden - Begriffe, die wir heutzutage eher mit Sport, Spiel und in der Musik assoziieren. Die Kunst hingegen kann, zumindest außerhalb des Kunstmarkts, als freier Raum gesehen werden, in dem aus sich selbst heraus Einzigartiges zu entstehen vermag.
Dabei hat der Wettstreit eine lange Tradition in der Bildenden Kunst. Das zeigt die große Herbst-Ausstellung „Idole und Rivalen“ im Kunsthistorischen Museum in Wien mit rund 120 Werken von der Antike bis um 1800.
Schon in der Frühen Neuzeit wurde das Prinzip des Wettstreits für die künstlerische Arbeit als maßgeblich gedacht. Mehr noch, der kompetitive Habitus der Nachahmung, des Wetteiferns und des Übertreffens – „imitatio, aemulatio und superatio“ – sollte grundsätzlich kulturellen Fortschritt bewirken.
Schon Leonardo da Vinci wusste, dass der „gute Neid“ zu Höchstleistungen anspornt. Tatsächlich sind aus den Konkurrenzkämpfen, die Künstler*innen im frühneuzeitlichen Europa untereinander ausgetragen haben, einige der bekanntesten Werke der Renaissance und des Barock hervorgegangen.
Dass der Neid auch Triebfeder und Innovator sein kann, zeigt u.a. der Wettstreit zwischen den beiden Renaissance-Stars Leonardo und Michelangelo, die sich bei einem Wettbewerb um die Ausgestaltung des Palazzo Vecchio in Florenz sozusagen in einen Kampf der Giganten begeben haben. Anfang des 16. Jahrhunderts beauftragte die Republik die beiden Superstars mit je einer Darstellung einer berühmten Schlacht für den großen Ratssaal. Jedoch wurde keines der beiden Wandgemälde je vollendet. Welche der erhaltenen Kopien lässt auf das gelungenere Original schließen?
Spannend etwa Peter Paul Rubens Gemälde „Die Entführung des Ganymed“, in dem er Michelangelos Version aufgreift und zu übertreffen versucht. Das Kunsthistorische Museum stellt viele konkurrierende Werke einander gegenüber und lädt das Publikum ein, abzustimmen, welche Version es für gelungener hält – direkt in der Ausstellung oder auch über Social Media und die Website.
Für uns übernehmen die Wiener Künstlerin Anna-Sophie Berger sowie die Tiroler Malerin Sophie Gogl die Rolle der Jurorinnen, bewerten so manches Werk und erzählen vom heutigen Konkurrenzdruck in der Kunstwelt.
TV-Beitrag: Eva Maria Kaiser & Stefanie Simpkins