Bauen im Bestand
In vielen österreichischen Gemeinden zeigt sich dasselbe Bild: Verfallene Bauernhöfe, Leerstand in Ortszentren und reger Baubetrieb auf der grünen Wiese. Mehr als 100 Jahre war der Neubau die absolute Priorität in der Architektur. Wertvolle Baukultur geht zu Gunsten gesichtsloser Einfamilienhaus-Siedlungen verloren. Baukultur-Expert*innen wie Robert Temel fordern nicht nur den Erhalt und das Weiterschreiben von heimscher Baugeschichte.
Sie verweisen auch auf die sogenannte „Graue Energie“, das ist jene Energie, die man benötigt, um ein Gebäude zu errichten. Baumaterialien und deren Transport fallen ebenso darunter wie die Infrastruktur, also Straßen und Kanäle. Graue Energie wird zerstört, wenn man ein Haus abreißt.
Die CO2-Bepreisung von 30 Euro pro verbrauchter Tonne CO2, die ab 1. Juli in Kraft treten soll, wird viele Häuslbauer von ihrem Bauvorhaben nicht abbringen. Aber sie kann ein Umdenken bewirken, erhoffen Klimaschützer und Architekt*innen. Beim Sanieren und Weiterbauen von Bestandsgebäuden treten wahre Schätze ans Licht, Gemeinden können wiederbelebt werden.
Bauen im Bestand ist auch ein wichtiges Thema im 4. Baukulturreport, der soeben im Nationalrat begutachtet wird. Ziel ist es, eine Agentur für Baukultur zu schaffen, die mit einem Förderprogramm qualitätvolle Bauprojekte in Städten und Gemeinden auszeichnet. Vor allem das Weiterentwickeln von Bestandsbauten soll finanziell gefördert werden.
Gute Beispiele, wie man alter Bausubstanz neues Leben einhauchen kann, gibt es genügend. Das Architektur-Büro „Moser und Hager“ aus Oberösterreich sind Spezialisten im Sanieren und Umbau von Vierkanthöfen.
Frank Stasi vom Vorarlberger Büro „ARSP“ hat in Dornbirn ein einfaches Arbeiterhaus aus den 1920er Jahren mit wenigen Eingriffen modernisiert. Für dieses Bauprojekt wurde er beim Wettbewerb „Häuser des Jahres“ mit einer Anerkennung ausgezeichnet.
Prominentes Jury-Mitglied ist der Schauspieler und Architektur-Kritiker Udo Wachtveitl.
TV-Beitrag: Nicola Eller