Otto Kallir - Wegbereiter der Wiener Moderne
Otto Kallir war ein Sammler mit unvergleichlichem Gespür für historisch Relevantes und vor allem für künstlerische Qualität.
1923 gründete der Sohn aus einer gutbürgerlichen, jüdischen Juristenfamilie die legendäre Neue Galerie in der Wiener Grünangergasse, heute die Galerie Nächst St. Stephan. Sein Studium an der Technischen Universität gab der 1894 in Wien als Otto Nirenstein geborene auf, und verfolgte zielstrebig eine Karriere als Verleger und Galerist. Er änderte seinen Namen und widmete sich fortan als Otto Kallir der Kunst: 1923 fand seine allererste Ausstellung mit Werken von Egon Schiele statt.
Er erkannte dessen außergewöhnliches Talent, auch wenn der Künstler nach wie vor kontrovers wahrgenommen wurde. Er gilt als Entdecker Richard Gerstls, dessen Nachlass Kallir übernahm, sein Werk ausstellte und Gerstl posthum zu Ruhm verhalf.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialsten in Österreich, floh Otto Kallir mit seiner Familie nach New York, wo er wenige Monate nach seiner Ankunft 1939 eine Galerie eröffnete.
Die ersten Ausstellungen in den USA waren erfolglos. Schiele-Blätter wurden für 10 US-Dollar angeboten und trotzdem nicht verkauft.
Erst durch mühsame Netzwerk-Arbeit und gezielte Schenkungen an Kulturinstitutionen gelang es Kallir, das amerikanische Publikum mit Meisterwerken der österreichischen Moderne vertraut zu machen – mit Erfolg: die 1965 im Guggenheim Museum gezeigte Klimt-Schiele-Schau wurde von der internationalen Presse gefeiert.
Das sei wahre Pionierarbeit gewesen, erzählt Renée Price. Die aus Österreich stammende Kunsthistorikerin leitet seit mehr als 20 Jahren das Museum „Neue Galerie“ in New York, das sich auf deutsche und österreichische Kunst aus der Zeit der Jahrhundertwende bis 1940 spezialisiert hat. Eines der berühmtesten Kunstwerke des Hauses: Gustav Klimts „Goldene Adele“, das erst 2006 vom österreichischen Staat an die rechtmäßige Erbin restituiert wurde.
Der Name Kallir ist eng mit dem Thema Restitution verbunden. Seine Korrespondenz mit Lea Bondi-Jaray, die 1998 in der „New York Times“ veröffentlicht wurde, führte zur Beschlagnahme der Schiele-Gemälde im New Yorker MOMA. Ein Skandal, der letztlich zum Beschluss des Kunstrückgabegesetzes 1998 geführt hat.
Seine Enkeltochter Jane Kallir, die seine Briefe veröffentlichte, hat nach seinem Tod die Galerie Saint Etienne in das Kallir Research Institute umgewandelt und zählt heute zu den führenden Schiele-Expertinnen weltweit.
Der Film begibt sich auf Spurensuche von Wien bis New York und hat mit den Kunsthändlern Lui Wienerroither und Ebi Kohlbacher, mit Galeristin Rosemarie Schwarzwälder sowie mit der Leiterin des Archivs im Belvedere Monika Mayer über Otto Kallirs Lebensgeschichte gesprochen, die eng mit der Erfolgsgeschichte der Österreichischen Moderne am internationalen Kunstmarkt verwoben ist.
Regie
Stefanie Simpkins