Universum
Südtirol - Das Land in der Mitte
Eine neue „Universum“-Dokumentation widmet sich diesem Juwel der Alpen und lüftet Geheimnisse seiner unvergleichlichen Schönheit. Mit überraschenden Geschichten und eindrucksvollen Aufnahmen lädt der renommierte Naturfilmer Rolando Menardi dabei zu einer abwechslungsreichen Reflexion über unser Verhältnis zur Natur ein.
Südtirol ist Treffpunkt zweier Welten. Das kühle und trockene Klima des Nordens mischt sich mit mediterraner Wärme und Feuchtigkeit. Fruchtbare Niederungen mit italienischem Flair gehen Hand in Hand mit schneebedeckten hochalpinen Gipfeln. Den Boden für diesen reizvollen Kontrast bereitete die Kollision der afrikanischen mit der eurasischen Kontinentalplatte auf: Sie formte Berge aus unterschiedlichen Gesteinsarten – dem Kalk der Dolomiten und dem Kristallin des Alpenhauptkamms. Aus dem Zusammenspiel dieser einzigartigen Voraussetzungen entstand eine große Anzahl faszinierender Lebensräume mit hoher Artenvielfalt.
Teamwork als Schlüssel zum Erfolg
In diesem dynamischen Kosmos etablierten Pflanzen und Tiere im Lauf der Evolution ein fein gesponnenes Gleichgewicht. Die Zirbelkiefer etwa nutzt die Vorliebe des Tannenhähers für ihre Samen als Überlebensstrategie. Der kleine gefiederte Helfer legt hunderte Depots als Wintervorrat an. So findet er auch bei extremen Witterungsverhältnissen immer genügend Nahrung, und die Zirbelkiefer kann sich an neuen, oft abenteuerlichen Standorten im Fels ausbreiten. Eine gelungene Kooperation zu beiderseitigem Vorteil. Unerwartet vitale Nischen finden sich auch in den vertikalen Steinwüsten der Dolomitenwände. Hier schließen sich Pionierpflanzen zu widerstandsfähigen Ökosystemen zusammen, in denen der Mauerläufer – ein auf Klettern spezialisierter Singvogel – mit seinem langen Schnabel in Spalten und Hohlräumen nach Insekten und Würmern stöbert.

„Ötzi, der berühmte ‚Mann aus dem Eis‘“, gibt Rolando Menardi zu bedenken, „würde sein Südtirol, das er vor rund 5000 Jahren durchstreifte, heute nicht mehr erkennen. Die Natur von damals ist verschwunden“. In der Jahrtausende alten Besiedlungsgeschichte verwandelte der Mensch die Region nach seinen Bedürfnissen fast flächendeckend in eine Kulturlandschaft.

Die prächtigen Almen haben ebenso wenig mit der einstigen Vegetation zu tun wie die erholsamen Wälder oder die blühenden Apfelbaumkulturen. Sie sind künstlich geschaffene, bewässerte, gedüngte und permanent bearbeitete Flächen. Echte Wildnis existiert nur noch in wenigen unzugänglichen oder streng geschützten Enklaven.
Im Spannungsfeld von Mensch und Natur
Den anthropogenen Einfluss und seine massiven Auswirkungen auf die Natur, die im Klimawandel gipfeln, nahm Rolando Menardi zum Anlass, sich intensiv mit der erstaunlichen Adaptionsfähigkeit von Flora und Fauna auseinanderzusetzen. Kulturfolger profitieren oft von den Veränderungen. Ein bestechendes Beispiel dafür sind Alpendohlen, die – trotz lauter Maschinen und elektrischem Licht – in einem Marmorsteinbruch nisten. Sie begeben sich in den Schutz der industriellen Umgebung, da es Raubvögel nicht wagen hierher vorzudringen. Auch Fledermäuse tauschen ihre natürlichen Bruthöhlen gegen menschliche Behausungen. Im Dachstuhl des Domes von Brixen haben Tausende dieser geflügelten Säugetiere eine sichere und trockene Babystation eingerichtet.
Viele Tier- und Pflanzenarten geraten allerdings gehörig unter Druck – vor allem jene, die sich an extreme Verhältnisse angepasst haben. Sie können selbst kleinste Veränderung in ihrem Habitat kaum kompensieren und sind mancherorts vom Aussterben bedroht. So wandern eiszeitliche Pflanzengemeinschaften vor der Erderwärmung in immer höhere Regionen aus, aber die Gipfel setzten ihrer Flucht ein Ende. Auch Schneehühner sind gefährdet, da die Winter keine ausreichende Schneedecke mehr garantieren, die die Vegetation vor Austrocknung bewahrt.
Rolando Menardi: „Ich habe im Film auf die alpinen Stars wie Gämsen, Hirsche oder Adler verzichtet und mich auf kleinere Tiere konzentriert. Anhand ihres Verhaltens kann das TV-Publikum besser nachvollziehen, wie stark menschliche Präsenz die Natur beeinflusst“. Von Ameisen und Insekten über Kleinsäuger und Vögel bis hin zu Füchsen und Beutegreifern schildert der Regisseur, wie jede Spezies mit jeder anderen verbunden ist und einen wichtigen Beitrag zum großen Ganzen leistet.

Komplexe Zusammenhänge werden etwa in einem naturnahen Wald mit ausreichend Totholz sichtbar: Hier sorgt die Biodiversität für Widerstandskraft und Gesundheit des Ökosystems. Intensiv bewirtschaftete Wälder sind hingegen artenarm und anfällig für Krankheiten. Die Larven des Kiefernprozessionsspinners können ohne das Regulativ ihrer Fressfeinde die Forste nachhaltig schädigen. Der moderne Mensch hat das Bewusstsein für die Zerbrechlichkeit der Natur vielfach verloren. Rolando Menardi ruft dies auf beeindruckende Weise wieder in Erinnerung und plädiert für einen verantwortungsvollen Umgang mit unserer Umwelt: „Meiner Meinung nach ist das heute zu einem Muss bei der Produktion von Naturdokumentationen geworden“.
„Südtirol – Das Land in der Mitte“ entstand als Koproduktion von ORF, BR, RAI und Pre TV, gefördert von Fernsehfond Austria und VAM mit freundlicher Unterstützung von ORF-Enterprise.