
kreuz und quer
Im Bann der Astrologie
Bestimmen die Sterne unser Schicksal? Wissenschafter:innen widersprechen entschieden. Und doch hält sich der Glaube an die Astrologie seit Jahrtausenden. In der „kreuz und quer“-Dokumentation „Im Bann der Astrologie“ von Andreas Sawall stellt Astrophysiker Harald Lesch die Thesen der Astrologen auf den Prüfstand.
Auch wenn sich heutige Wissenschafter:innen distanzieren: Die westliche Astrologie hat einst als seriöse Wissenschaft begonnen, sie
geht zurück auf die Babylonier, die schon vor etwa 3.000 Jahren Himmelserscheinungen beobachteten und dokumentierten. Sie definierten die uns bekannten Sternzeichen, und ihr Leitsatz „Wie im Himmel, so auch auf der Erde“ gilt in der Astrologie noch heute. Im Laufe der Zeit wurde die babylonische Himmelskunde von anderen Kulturen übernommen und erweitert. So ordneten die Griechen der Antike die Sternzeichen den vier Elementen Wasser, Feuer, Luft und Erde zu. Im alten Rom ließen sich nicht mehr nur die Herrscher, sondern auch wohlhabende Bürger persönliche Horoskope erstellen. Auch in China fragen die Menschen seit jeher die Sterne um Rat. Im Gegensatz zu westlichen Horoskopen steht für Chinesen allerdings nicht jeder Monat, sondern jedes Jahr in einem anderen Zeichen.

Harald Lesch lässt sich von einer Astrologin sein Horoskop erstellen – und erfährt dabei viel über sich selbst, vor allem aber über die
Bedeutung der Astrologie. Für die Erstellung eines persönlichen Horoskops ist es wichtig, an welcher Himmelsposition sich die
Planeten zum Zeitpunkt der Geburt befanden. Die zugehörigen Berechnungen sind so kompliziert, dass Astrologie lange nur von
himmelskundigen Gelehrten betrieben werden konnte. Bis ins 17. Jahrhundert waren Astronomen immer auch Astrologen.
Für die christliche Kirche stand die Astrologie im Widerspruch zum Glauben an nur einen allumfassenden Gott. Martin Luther, der
wichtigste Vertreter der Reformation im 16. Jahrhundert, lehnte die „Sternenkücker“, wie er die Astrologen verächtlich nannte, ab. Aber
ausgerechnet sein engster Mitstreiter Philipp Melanchthon war ein bekennender Astrologie-Anhänger. Der renommierte Theologe lehrte
sogar das Fach Astrologie an der Universität zu Wittenberg. Auch nach der Reformation blieb Astrologie populär, selbst unter anerkannten Wissenschaftern. Der Astronom und Mathematiker Johannes Kepler etwa finanzierte im 17. Jahrhundert seinen Lebensunterhalt mit der Erstellung von Auftragshoroskopen. Der große Feldherr Wallenstein ließ sich regelmäßig von ihm die Zukunft aus den Sternen lesen. Auch wenn Kepler noch an eine universelle Harmonie des Universums glaubte, deutete sich in ihm bereits die Spaltung von Astrologie und Astronomie an. Doch in den persönlichen Horoskopen erkannte Kepler eine Komponente, die bis heute wirksam ist: Psychologie.
Aus wissenschaftlicher Sicht spricht ein schwerwiegendes Argument gegen die Astrologie: Die Sterne eines Sternbilds sind viele,
manchmal Hunderte Lichtjahre voneinander entfernt, das sind Zehntausende Milliarden Kilometer. Und nur von der Erde beziehungsweise von unserem Sonnensystem aus betrachtet stehen sie zufällig in derselben Himmelsregion, sie gehören jedoch nicht zusammen. Einzig aus unserer Perspektive ergibt sich eine Konstellation. Ändert man die Perspektive, verschwindet das Sternbild.
Gestaltung
Andreas Sawall
Redaktion
Christoph Guggenberger