dokFilm

Österreichs Originale

Die Königin und der Wächter der Nacht

Werbung Werbung schließen

Sie sind weltberühmt in Österreich - zumindest aber in ihrem Bezirk, ihrem Grätzel oder in ihrer „Bubble“.

Sie sind Österreichs Originale. Regisseurin Jennifer Rezny stellt in ihrer Doku-Reihe Menschen einander gegenüber, die aus dem Raster dessen fallen, was landläufig als „normal“ bezeichnet wird. Menschen, die von Leidenschaft und der Lust an der Grenzüberschreitung getrieben sind.

Marianne Kohn
FUFF/ORF

Marianne Kohn ist Wiens „Königin der Nacht“ - so auch der Titel einer Biografie. In den 1980ern wurde sie als Barfrau zur Institution im legendären Club U4. Die Opernfanatikerin leitet heute die architektonisch wohl schönste Bar Wiens - die Loos Bar.

Isi Kolcu
FUFF/ORF

In Graz kennen ihn alle nur als Isi. Er ist Schleusenwärter, bestimmt darüber, wer hineindarf und wer draußen bleiben muss - und sorgt so für die Sicherheit der Gäste in Nobelclubs und bei Großveranstaltungen. Sich selbst bezeichnet er als Empfangschef.

Marianne Kohn
FUFF/ORF

Würde man sie mit einem Wein vergleichen, käme man zu dem Fazit: sie ist zur Vollendung gereift – von der Note her keinesfalls lieblich, mehr schon herb oder jedenfalls sehr trocken. Marianne Kohn wurde in den 1980er-Jahren von einer Zeitgeist-Postille zu Wiens grantigster Barfrau gekürt und trägt diese Ehrenbekundung immer noch mit Stolz. Immerhin wurde sie stets mit dem meisten Trinkgeld bedacht. So wie sie selbst, ist das Lokal, das sie seit 30 Jahren leitet, eine Institution: die Wiener Loos American Bar, ein architektonisches Schmuckkästchen, allnächtlich vollgestopft mit Zelebritäten und solchen, die es gerne wären.

Marianne Kohn
FUFF/ORF

Erfolg und Ruhm könnten ihr freilich gleichgültiger nicht sein. Als sie einmal in dem Herrn, der vor dem Tresen lungerte, Mick Jagger erkannte, kostete sie das nur ein Schulterzucken. Nüchtern ist auch ihr Verhältnis zur eigenen Familie: Das Schicksal der Verwandtschaft war tragisch – viele wurden von den Nazis ermordet – das Verhältnis zur lieblosen Mutter traumatisch. Mit 16 Jahren büchste sie nach Rom aus, heuerte in Cinecittà an und wurde prompt als Schnitt-Assistentin engagiert. Dass sie dabei auch Pier Paolo Pasolini kennenlernte, ließ sie ebenso ungerührt. Dennoch ist Kohn eine Frau mit Leidenschaften: zum einen für die Oper, zum anderen für ihre Stofftiersammlung.

Isi Kolcu
FUFF/ORF

Auch er ist in erster Linie Nachtarbeiter – wobei das mit der exakten Berufsbezeichnung keine so einfache Sache ist: zunächst sei er hauptberuflich „Arschloch“ gewesen, sagt Isi Kolcu, denn diese Bezeichnung musste er sich oft gefallen lassen, wenn er jemandem den Zutritt zu einer Lokalität verwehrte. Heute fungiert er als Security Supervisor oder einfach als „Mädchen für alles“.

Isi Kolcu mit einem Security Kollegen
FUFF/ORF

Wie ein Kuschelbär sieht er nicht eben aus, doch vom martialischen Äußeren – Ergebnis harten Trainings an den Fitnessgeräten – sollte man sich nicht abschrecken lassen. Auch die Ausbildung an der türkischen Militärakademie hat seinen Körper gestählt. Dorthin hat ihn der Vater in jungen Jahren gesteckt, die frühe Jugend hatte Isi bei der Mutter in den USA verbracht. Das Training mit der Waffe habe nur einem Zweck gedient: Töten zu lernen. Das nagt bis heute an Isi. Kriegerische Machenschaften betreffend hat er Läuterung erfahren, die deutlich wird, wenn er sich etwa zu dem blutigen Konflikt zwischen der kurdischen Minderheit und der Türkei äußert: Er sei bestürzt über den Hass, habe viele kurdische Freunde und könne die Feindschaft nicht verstehen.   

Isi Kolcu
FUFF/ORF

Seine seelischen Blessuren sind in seine Haut eingebrannt – in Form von Tattoos, die an die Toten in seinem Leben erinnern. Der Liebe wegen ging er nach Österreich und wurde deshalb unehrenhaft aus dem Militärdienst entlassen. Die Lehre aus all den Jahren? Probleme ohne Gewalt zu lösen. Und das kommt ihm in seinem jetzigen Beruf und seinen Gästen sehr zugute.  

Links: