Caspar David Friedrich - Die Entdeckung der Unendlichkeit
Wenn es einem oder einer die Kehle zuschnürt oder das Herz sich weitet; wenn man sich von der Schwere seiner Existenz zu Boden gedrückt fühlt oder - im Gegenteil- ankerlos im unendlichen Raum schwebend: es gibt Gefühle, die lassen sich kaum in Worte fassen. Caspar David Friedrich aber hat sie auf die Leinwand gebracht.
Der Sohn aus einer Handwerkerfamilie brach kompromisslos mit Konventionen und wurde zum wohl bedeutendsten Künstler der Romantik. Und heute noch spricht sein Werk – vielleicht dringlicher denn je – zu uns, fragt nach den Rätseln unserer Existenz und erzählt von unserer Sehnsucht nach einer intakten Natur. Der ORF zeigt Angelika Kellhammers Doku anlässlich des 250. Geburtstages des Malers.
Eine winzige Silhouette, eingepflanzt in die Weite einer Dünenlandschaft, vor ihr das schwarze Meer, das in das Graublau des Himmels übergeht, durch den sich ein wenig Sonnenlicht bricht: „Der Mönch am Meer“, entstanden Anfang des 19. Jahrhunderts, aber in seiner radikalen Bildkomposition doch schon ein modernes Gemälde. Friedrichs Zeitgenossen trauen ihren Augen nicht ob dieser „apokalyptischen Landschaft“, wie sie Heinrich von Kleist bestürzt beschreibt: es sei ihm, als wären ihm die Augenlider abgeschnitten worden. Der 15-jährige Kronprinz von Preußen indes erkennt sich in der verlorenen Gestalt im Bild wieder und fühlt sich getröstet. Caspar David Friedrich sprach zu den Menschen auf den unterschiedlichsten Ebenen und traf sie im Herzen mit seinen ewiggültigen Themen: Sehnsucht, Einsamkeit, die Fragen nach unserer Existenz und nach unserer Beziehung zur Natur.
Die Natur, sie ist dem Menschen Freund und Feind zugleich. Ein traumatisches Erlebnis sollte Caspar David Friedrich prägen: Der 12-Jährige stürzt ins Wasser, sein 13-jähriger Bruder springt ihm nach, um ihn zu retten. Doch es ist der Ältere, der stirbt. Die Frage nach dem Warum und die Schuldgefühle, überlebt zu haben, lassen ihn nicht mehr los. Er sucht nach dem Göttlichen und nach Transzendenz in der Natur. Darum malt er Landschaften später auch nicht so, wie er es in seiner klassischen Ausbildung in Kopenhagen erlernt hatte, sondern befreit sie von Dekor, vom „Italienischen“, wird radikaler Purist. Auf der Ostseeinsel Rügen kann er sich befreien: von den Zöpfen und Verzopftheiten seiner Zeit, von beengender Kleidung – und von künstlerischer Konvention. Seine „Kreidefelsen auf Rügen“ zählen zu den Hauptwerken der Romantik.
Filmische Entsprechungen zu den Motiven Friedrichs findet Regisseurin Angelika Kellhammer in berückenden Naturaufnahmen; Antworten auf einige seiner Fragestellungen – auch – in der zeitgenössischen Kunst, etwa bei Olafur Eliasson.
Regie
Angelika Kellhammer