
Am Schauplatz
Mieter raus
Wenn Mieter ihre Koffer packen müssen, weil Touristen einziehen.
Touristen mit Rollkoffern prägen zunehmend das Bild vieler Wiener Wohngegenden. Gleichzeitig kämpfen langjährige Mieterinnen und Mieter um ihre Wohnungen. Immer mehr Wiener Apartments werden zu Ferienunterkünften umgewandelt – viele davon ohne Genehmigung. Denn Kurzzeitvermietungen an Touristen sind für Eigentümer deutlich profitabler als Mietverträge aus den 80iger Jahren.

Die Baupolizei kontrolliert
Schlüsselkästen mit Zahlencodes sind zum Symbol dieser Entwicklung geworden. Oft sind sie irgendwo im Haus versteckt, meistens im Keller. „Irgendwie müssen die Touristen ja ins Haus kommen – wir finden die Kästen immer“, sagt Lukas Kupresak von der Baupolizei. Die Baupolizei ist im Dauereinsatz. Frühmorgens, wenn die Touristen noch schlafen, kontrolliert das neue Referat für Kurzzeitvermietung Häuser, in denen statt Mietern Gäste ein- und ausgehen. „Das ist ein Geschäft ohne Rückgrat. Die Dreistigkeit kennt keine Grenzen – bis wir klopfen.“

Rausgeekelt
In einem Zinshaus in Wien Brigittenau sind von einst dutzenden Mietparteien nur noch acht übrig. Der Rest wurde nach und nach durch Ferienwohnungen ersetzt. Für die verbliebenen Bewohner wird das Leben zur Belastungsprobe: Lärm, ständiger Wechsel, Verlust von Gemeinschaft – und gezielte Schikanen. Der Lift darf nur von Touristen benutzt werden, Kellerabteile werden gekündigt, es hagelt Klagen. „Ich fühl mich wie ein Mieter zweiter Klasse. Man will uns loswerden, weil wir im Weg sind“, sagt Frau B., die seit vielen Jahrzehnten hier lebt.
Am Schauplatz-Reporterin Julia Kovarik begleitet die Kontrolleure bei ihren Einsätzen – und spricht mit jenen, die zurückbleiben: den Altmietern.