Eine lässige Humoristin
Sie gilt als eine der originellsten Stimmen der US-amerikanischen Gegenwartsliteratur. Entdeckt wurde Nell Zink von keinem geringeren als Jonathan Franzen. In einem Leserbrief hatte die Hobby-Ornithologin den Bestseller-Autor für seine mangelnden Vogel-Kenntnisse kritisiert, woraufhin dieser zu ihrem größten Förderer wurde. Zum Schreiben ist die 1964 in Virginia, Kalifornien geborene studierte Philosophin und Medienwissenschaftlerin erst im Alter von 50 gekommen.

2019 veröffentlichte sie ihren ersten Roman „Virginia“ und wurde dafür gleich für den renommierten National Booker Award nominiert. Inzwischen hat sich Zink, die südlich von Berlin in der beschaulichen Kreisstadt Bad Belzig lebt eine riesige Fangemeinde erschrieben. Ihren neuen Roman hat sie in der deutschen Hauptstadt Berlin angesiedelt.

In „Sister Europe“ bekommen die Woken, die Anti-Woken, die Toleranten, die Rassisten oder gleich der ganze Kunst- und Literaturbetrieb sein Fett weg. Lässig und mit jeder Menge Humor bewegt sich Zink durch aktuelle Diskurse, die reichlich Sprengstoff bieten. Ihre Figuren sinnieren und diskutieren über Formfragen der Architektur, die Venedig-Biennale, Künstliche Intelligenz, Trans-Identitäten, den Nationalsozialismus und Dating-Apps, über Wolf Biermann, Rosa Luxemburg, Art Spiegelman und Vladimir Nabokov.

Selten verweilt die Erzählung lange bei einem Gegenstand, vielmehr scheint sich die Autorin von spontanen Einfällen treiben zu lassen. Hier gibt es keinen kunstvoll inszenierten Plot; ganz im Gegenteil: die Handlung wirkt wie ein humoristischer „stream of consciousness“, ein Bewusstseinstrom, der auch die Gedanken und Gespräche der Figuren enthält. Das passt gut zu Berlin als Schauplatz der Handlung, wo das Sich-treiben-lassen bekanntlich besser funktioniert als anderswo.
Der kulturMONTAG hat sich mit Nell Zink auf einen Roadtrip quer durch die deutsche Bundeshauptstadt begeben.
TV-Beitrag: Alice Pfitzner