Gesprengte Ketten
Bislang dominierten Männer den Kunstmarkt. Doch schaut man auf die aktuelle Art Basel, dann scheint sich eine Trendwende abzuzeichnen. Eine aktuelle Studie belegt, dass der Anteil von Künstlerinnen in den Sammlungen von Reich und Schön von 33 auf 44 Prozent gestiegen sind. Auch bei Auktionen schlugen zuletzt mehrere Künstlerinnen hohe Wellen. Etwa als bei Christie`s in New York vor kurzem Werke der Surrealistinnen Dorothea Tanning und Remedios Varo überraschend für das Doppelte der Schätzungen versteigert wurden.

Auch der Ausstellungsbetrieb holt die Kunst der Frauen vermehrt aus ihrem Schattendasein. Das Wiener Belvedere machte sich für seine aktuelle Ausstellung auf die Suche nach wegweisenden Frauen.

Die Funde können sich in der Schau „Radikal! Künstlerinnen* und Moderne 1910 – 1950“ sehen lassen. 60 Positionen von zum Teil in Vergessenheit geratenen Malerinnen, Bildhauerinnen, Grafikerinnen, Fotografinnen oder Textil-Designerinnen aus mehr als 20 Ländern dokumentieren die Moderne als Goldene weibliche Ära.

Es sind Werke von Claude Cahun, Marlow Moss, Sonia Delaunay, Hannah Höch deren Anspruch es war, die Moderne widersprüchlicher zu denken, als es in der Kunstgeschichtsschreibung geschah. Inhaltlich spannt sich der Bogen von Themen wie Emanzipation und Mutterschaft bis zu Fragen nach Geschlechterrollen, Genderfluidität und Identitäten.

Eine wunderbar groteske Figurine der deutschen expressionistischen Künstlerin Lavinia Schulz könnte als Sinnbild der Ausstellung fungieren. Sie lässt ihre „Toboggan-Frau“ aus den frühen 1920 die Faust nach oben strecken und will somit klarstellen: „Wir Frauen geben hier den Ton an“. Eine spannende Schau, in der die tradierte Erzählung der Kunstgeschichte in Frage gestellt wird.
Handlungsspielraum gewinnen.
Für die Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung „Transmodular“ zwei Kilometer weiter stadtauswärts im Neuen Kunstverein Wien ist das hundert Jahren später auch ein großes Ziel.

Der kulturMONTAG über die Parallelen der Kunstproduktion beider Ausstellungen trotz der Distanzen in Zeit und Raum.
TV-Beitrag: Ines Mitterer