Ein Mann ohne Eigenschaften
Ein Mann für gewisse Stunden – das war gestern. Heute lässt sich gegen Bezahlung so gut wie alles buchen, etwa einen Sohn wie aus dem Bilderbuch für einen prahlsüchtigen Business-Zampano, einen eloquent-kultivierten Konzertbegleiter oder einen sensiblen Sparringpartner für Konfliktmanagement mit dem eigenen Ehemann.
„Wer bin ich und wenn ja wie viele“ könnte sich frei nach Richard David Prechts Bestseller Matthias fragen. Der junge Mann ist ein Mann der Tat, ein Mann, der sich sehen lässt und einer, für den man sich nicht schämen muss. Für seine einwandfreien, erstklassigen Auftritte bekommt Matthias online stets die besten Bewertungen. Nur im echten Leben scheint alles schiefzugehen.
Matthias, großartig dargestellt von dem deutschen Schauspieler Albrecht Schuch, ist der tragisch-komische Held in Bernhard Wengers Spielfilm-Debüt „Pfau – bin ich echt?“. Der Stoff der pointenreichen, bissigen Sozialsatire, die an Filmgrößen wie Ruben Östlund erinnert, hat einen realen Hintergrund. Bei einer Reise nach Japan ist der heute 32-jährige Salzburger Filmemacher auf den Trend „Rent-a-Friend“ gestoßen. Das Geschäft rund um das Schaffen von sozialen Kontakten samt Ersatzfamilien blüht und gedeiht im Land des Lächelns seit Jahrzehnten.
Mit seinem Filmerstling wurde Bernhard Wenger gleich zu den Filmfestspielen nach Venedig eingeladen und auf der Settimana della Critica ausgezeichnet. Jetzt kommt „Pfau-bin ich echt?“ in die heimischen Kinos und Bernhard Wenger zu Clarissa Stadler ins kulturMONTAG-Studio. Über Sein und Schein, das fragile Männerbild von heute und das Leben in einer Bewertungsgesellschaft.
TV-Beitrag: Tiziana Aricò