„noch immer jetzt“
Gerhard Rühm hat sich von der Zeit, in der er lebte, niemals korrumpieren lassen. Dabei spielt das Wort „jetzt“ in seinem Werk eine zentrale Rolle. Er hat ein ungeheuer umfassendes Werk: eines, das sich zwischen Literatur, Musik und bildender Kunst bewegt und diese Kunstgattungen zu einer in der Geschichte der Kunst einzigartigen Synthese vereint.

Eigentlich hätte er Musiker werden wollen, Arnold Schönberg unter anderem war es, der ihn in seinen frühen Jahren begeisterte: was ihm viele Konflikte mit seinem Vater, der bei den Wiener Philharmonikern war, einbrachte. Überhaupt handelte er sich in seinen Anfängen wenig Ruhm damit ein, dass er sich für das von den Nazis Verschüttete und Vernichtete, für das Neue, das Unentdeckte, für das Offene interessiert hat.

Er gründete die heute legendäre Wiener Gruppe mit, ist inzwischen der einzige noch lebende Repräsentant derselben, war von Beginn an auch ihr akribischer Archivar. Mitte der 1960er Jahre wanderte Gerhard Rühm nach Deutschland aus: Österreich war ihm zu eng, zu repressiv, in allem noch zu anti-aufklärerisch.

Er sollte Jahrzehnte in Köln leben. Nach dem Tod seiner Frau, Monika Lichtenfeld, die ihm nicht nur Lebensgefährtin sondern auch Kunstgefährtin war, zog er im vergangenen Jahr wieder nach Wien: in jene Wohnung, in der er aufgewachsen ist.

Der kulturMONTAG besucht ihn eben dort und gewährt erste Einblicke in eine große Rühm-Schau, die es in der Neuen Galerie Graz ab dem 11. April zu sehen geben wird.

Die Neue Galerie Graz ist eine Institution, die Gerhard Rühms Werke kontinuierlich sammelt und ausstellt, wesentliche Arbeiten aus allen Werkphasen schenkte er dem Haus aus diesem Grund: die Ausstellung, die den Titel „noch immer jetzt“ trägt, ist auch eine Schau dieser Schenkung. Und noch eine Art nachgereichtes Geburtstagsgeschenk: Gerhard Rühm feierte unlängst seinen 95.sten Geburtstag.
TV-Beitrag: Katja Gasser