Klima der Angst
Nach den Entlassungen der Direktoren von Nationaltheater, Nationalgalerie und Nationalmuseum fürchten slowakische Kulturschaffende nicht nur um die Demokratie ihres Landes, sondern auch um ihre Unabhängigkeit und ihre Freiheit. Verantwortlich dafür ist die rechtsnationale Kulturministerin Martina Šimkovičová, getrieben von ihrem Kampf gegen sogenannten „Gender-Wahn“ und „LGBT-Ideologie“. Seit Monaten protestiert die liberale Kunstszene gegen die radikale Personalpolitik.
Jüngstes Opfer: der 47-jährige Schriftsteller und Journalist Michal Hvorecký ist ins Visier der Justiz geraten. Er hat die neue Regierung, darunter Martina Šimkovičová in einem Artikel kritisiert und sie als Neofaschistin bezeichnet. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Die Kulturministerin sprach öffentlich Drohungen gegen den Autor aus.
Um seine Ansichten zu verdeutlichen veröffentlichte Hvorecký ein erklärendes Video. Darin kommentiert er die radikalnationalistische Einstellung der Kulturministerin, die Verschwörungsmythen wie die Theorie des „Großen Austauschs “ verbreite. Nach ihrer Meinung sei etwa das Aussterben der weißen Rasse durch LGBT-Personen verursacht. Überraschenderweise ging sein Video viral – fast eine Million Menschen haben es in der Slowakei gesehen. Die große Resonanz hat Folgen, dem Autor droht eine mehrjährige Haft.
Sechs Jahre nach der deutschen Veröffentlichung seines Zukunftsromans „Troll“ scheinen Teile von Michal Hvoreckýs düsterer Vorhersage bittere Realität zu werden: Desinformation und Trolle dominieren in der Slowakei die öffentliche Meinung. Der slowakische Schriftsteller sieht sich nun einer Regierung gegenüber, die Kulturschaffende und Journalisten unterdrückt. Michal Hvorecký ist live zu Gast im Studio.
TV-Beitrag: Sophie Weilandt