Eine schrecklich gelbe Familie
Sie sind gelb, hässlich, chaotisch, aber unglaublich beliebt: „Die Simpsons“, die wohl langlebigste und erfolgreichste US-amerikanische Zeichentrickserie. Vor 35 Jahren erblickten Homer, Marge, Bart, Lisa & die kleine Maggie das Licht der TV-Welt und sind 35 Staffeln später mit ihrem radikalen Witz fixer Bestandteil der weltweiten Serienlandschaft.
Blut und Wasser muss der Comiczeichner Matt Groening vor dem Treffen mit den einflussreichen TV-Produzenten James E. Brooks geschwitzt haben, der von ihm einen Vorschlag für animierte Sketche in einem beliebten Unterhaltungsformat haben wollte. In der Not, so besagt es die Legende erfand Groening 1987 in nur 15 Minuten eine dysfunktionale US-Familie mit Glubschaugen und Überbiss. Seit 19. April desselben Jahres sorgen die gelben Spaßvögel aus dem fiktiven Springfield - einem der häufigsten Ortsnamen in den USA - für Quotenrekorde beim Sender Fox.
Die Mischung aus subversivem Humor und beißender Gesellschaftskritik war zu jener Zeit außergewöhnlich und hat dem Fernsehen völlig neue, unkonventionelle Optionen eröffnet. Mauerfall, das Ende der Sowjetunion, 9/11, der Aufstieg des Internets, Smartphones, Globalisierung, Rückkehr von Nationalismus und Faschismus, Trump, Corona und Klimawandel - Weltgeschichte begleitet von einer TV-Animation.
„In einer einzigen Folge der „Simpsons“ steckt mehr Wissen über die Welt und den gegenwärtigen Zustand unserer Gesellschaft als an deutschen Staatstheatern in einer ganzen Saisonproduktion.“, ist der deutsche Poptheoretiker Diedrich Diederichsen überzeugt. Mit bissiger Ironie und jeder Menge schräger Charaktere wird das US-amerikanische Alltags- und Familienleben, etwa Fast Food, Fernsehen, Religion oder Korruption persifliert und karikiert und dadurch subtil kritisiert. Keine Figur im Simpsons Kosmos ist simpel gestrickt oder leicht zu durchschauen.
Familienvater Homer ist nicht nur dumm und dumpf, sondern manchmal erstaunlich brillant und hat ein ganz großes Herz. Seine kluge, anständige Tochter Lisa möchte auch mal rotzig sein. Und der vermeintlich zutiefst böse Atomkraftwerk-Besitzer Mr. Burns zeigt sich verletzlich, als er etwa um seinen in der Kindheit verlorenen Teddy Bobo weint.
Seit ihren Anfängen war die Serie niemals Mainstream, sondern Avantgarde und Extravaganz, gesellschaftskritisch, und Teil der Nerd-Kultur. „Die Simpsons“, ein Spiegel der Gesellschaft und eine Plattform voll von Referenzen an die Popkultur. Filme wie „Shining“ oder „Der Pate“ wurden parodiert. Die Liste der Gastauftritte, die sogenannten Cameos ist die längste der TV-Geschichte, darunter sind Stars wie Michael Jackson, Elizabeth Taylor, Lady Gaga oder Stephen Hawking. Zum 35 Jahr Jubiläum ist das Springfield Universum erstmals mit der Ausstellung „Hier kommt Bart!“ zu Gast im Kremser Karikatur Museum.
Für den kulturMontag analysieren der Philosoph und Schriftsteller Franz Schuh und der Kabarettist und Musiker Paul Pizzera diese schrecklich gelbe Familie.
Letzterer hat Bart Simpson als Synchronsprecher für einige österreichische Folgen seine Stimme geliehen.
TV-Beitrag: Florian Kölsch