Sehnsucht nach dem Sommer

Die Sonnen – und die Schattenseiten des Tourismus

Werbung Werbung schließen

Delphine im azurblauen Meer der Bucht von Venedig, menschenleere Straßen in den Städten rund um den Globus, ein Himmel ohne Kondensstreifen – surreale Erinnerungen aus längst vergangenen Zeiten der Pandemie.

tourismus
Katharina Ritter
Weißensee, eine kleine Tourismusgemeinde in Kärnten, zeigt, dass es von Vorteil sein kann, Entwicklungen bewusst nicht mitzumachen. Heute sind zwei Drittel des Seeufers unverbaut und die Gemeinde profitiert vom nicht vorhandenen Durchzugsverkehr

Heute boomen trotz hoher Flugticketpreise wieder die Fernreisen, in idyllischen Dörfern wie dem oberösterreichischen Hallstatt drängen sich Menschenmassen durch die engen Gassen und in der Serensissima schieben sich Besucherströme trotz des kürzlich eingeführten Eintrittsgeldes auf die Vaporetti. Der Massentourismus ist zurück.

tourismus
Friedrich Idam
Im Sommer 2023 blockierten Demonstrant*innen 15 Minuten lang den Zufahrtstunnel nach Hallstatt, um auf die durch den Massentourismus bedingte Verkehrsbelastung aufmerksam zu machen

Die Wirtschaft jubiliert, prognostizieren Experten doch für 2024 ein Rekordjahr. Seit Jahrzehnten erfährt der Tourismus eine kontinuierliche Intensivierung und ist zu einem integralen Bestandteil unseres Lebensstils geworden. Er hat Wertschöpfung, Wohlstand und Weltoffenheit auch in die entlegensten Gegenden gebracht und so Abwanderung verhindert. Das ist die Sonnenseite des Tourismus.

tourismus
ORF
Fiakerfahrt am Zentralfriedhof

Auf der Schattenseite stehen negative Effekte wie Menschenmassen, grobe Umwelteingriffe und steigende Bodenpreise. Touristische Hotspots leiden unter dem Ansturm der Besucher*innen, während andere Orte abgehängt werden.

tourismus
Steve Varni
Einige der am schlimmsten von Kreuzfahrtschiffen betroffenen Städte haben schon reagiert. Bilder wie dieses gehören der Vergangenheit an. Seit August 2021 dürfen Kreuzfahrtschiffe einer bestimmten Größe nicht mehr durch Venedig fahren oder dort anlegen

Gemeinden sind zwiegespalten: Einerseits profitieren sie vom Tourismus, andererseits nehmen sie immer stärker unerwünschte Nebenwirkungen wahr. Bedenkt man, dass der Tourismus mehr als andere Wirtschaftssektoren von unserer Umwelt abhängt, ist es erstaunlich, dass der Klimawandel ausgerechnet hier oft noch ein Randthema ist. Unsere Reiselust scheint ungebrochen und doch hat sie sich verändert, denn immer mehr Menschen reisen öfter, weiter, aber kürzer.

tourismus
WWF, Foto/Photo: Hans-Ulrich Rösner
Die Wattküste der Nordsee ist vom steigenden Meeresspiegel bedroht. Die drei betroffenen Länder Deutschland, Dänemark und die Niederlande haben sich zusammengetan, um gemeinsam effektiven Küsten- und Naturschutz zu betreiben. Der Tourismus profitiert von diesem vorausschauenden Denken

Welche Auswirkungen haben unsere Urlaubswünsche auf die Umwelt, auf das soziale Gefüge und den Klimawandel? Wie kann ein Tourismus aussehen, der nicht zerstört, wovon er lebt? Wie können wir Tourismus in Zeiten von Klimakrise, Kriegen, drohenden weiteren Pandemien, Fachkräftemangel und einer anhaltenden Energiekrise neu denken und in nachhaltigere Bahnen lenken? Welche Rolle spielen dabei Raumplanung und Architektur?

tourismus
Office de Tourisme Grande-Motte – CRTL Occitanie, Foto: C. Baudot
Zentral geplanter Massentourismus als flächensparende Gartenstadt mit ikonischer Architektur: La Grande-Motte an der französischen Mittelmeerküste (Chefarchitekt: Jean Balladur)

Die aktuelle Ausstellung „Über Tourismus“ im Wiener AZW beleuchtet zentrale Aspekte des Tourismus wie Mobilität, Städtetourismus, Wechselwirkungen mit der Landwirtschaft, Klimawandel, die Privatisierung von Naturschönheit bis zum Wandel der Beherbergungstypologien und geht der Frage nach, ob und wie Tourismusentwicklung geplant wird.

TV-Beitrag: Sophie Weilandt

Links: